HR Today Nr. 7&8/2019: Porträt und Video-Porträt

Die Zuversichtliche

Manche Karrierepfade sind verschlungen. So auch jener von Gabriela Riat, HR-Leiterin bei Kelly Services. Wo ihr Weg sie überall hinführte, gibt's im Porträt zu lesen. Im Video-Porträt erzählt Gabriela Riat, weshalb ihr das IT aktuell viel spannende Arbeit beschert.

«Mein Leben ist ein umgekehrter Gobelin», sagt Gabriela Riat, HR-Leiterin beim Personaldienstleister Kelly. Eine Tapisserie, bei der man oft nur die hintere Seite des Bildes sehe: «Man hat keine Ahnung, wofür die Fäden und Knoten gut sind, bis man sich das Bild von vorn anschaut und merkt, dass jeder Faden und jeder Farbwechsel genau am richtigen Ort ist.»

Dass ihr Lebensweg für sie dereinst im HR mündet, ist zu Beginn ihrer Karriere tatsächlich nicht absehbar. Denn diese beginnt für Gabriela Riat 1990 mit einer abgebrochenen Berufsausbildung in einer Arztpraxis. Doch der Reihe nach.

Nebst der Büroarbeit, der Buchhaltung und den Laborarbeiten kümmert sich die damals 19-jährige angehende Medizinalassistentin um die Patienten ihres Arbeitgebers, macht Röntgenaufnahmen, gipst und legt Verbände an. Eine Vielfalt an Tätigkeiten, die Gabriela Riat begeistern und die ihr eine kaufmännische Ausbildung nicht geboten hätte. Erfahrungen, die ihr zudem in ihrer späteren HR-Laufbahn bei verschiedenen Medizinalunternehmen zugute kommen sollen.

Ein vielversprechender Berufsbeginn. Doch die Laufbahn im Gesundheitswesen endet für Gabriela Riat vorerst durch eine frühe Schwangerschaft. Es folgen eine kurze Ehe und ein Aufenthalt in Frankreich, bevor sie 1992 ohne Ehemann in die Schweiz zurückkehrt und sich neu orientiert.

Grundausbildung Selbständigkeit

Gabriela Riats erste Priorität: eigenes Geld verdienen und möglichst viel Zeit mit ihrem Kind verbringen. Anstellungen in einer Bar in Ipsach und einem Pub in Tramelan bieten ihr dazu die Gelegenheit. Kind und Arbeit unter einen Hut zu bringen, erfordert jedoch viel organisatorisches Geschick und funktioniert nur mithilfe ihres Umfelds. Während sie abends arbeitet, bringen Nachbarn ihr Kind zu Bett. «Wir waren ein eingespieltes Team», erinnert sie sich.

So viel Tatendrang und die Fähigkeit, sich zu organisieren, Menschen zu führen und zu planen, bleiben in der Gastronomie-Szene nicht unbemerkt. Nur ein Jahr später erhält Gabriela Riat 1993 von der Hotelkette Rest-Hotel SA das Angebot, ein Hotel mit Restaurant in Courtelary zu führen. Eine Aufgabe, der sie sich drei Jahre lang widmet, während sie sich zeitgleich zur eidgenössisch diplomierten Restaurateurin weiterbildet. Bald will sie mehr: ein eigenes Restaurant. Ein solches Objekt ist im Jura in Porrentruy bald gefunden.

Fortan kümmert sich Gabriela Riat mit sechs Teilzeitangestellten um 120 Gäste und erwirtschaftet einen Umsatz von 600 000 Franken. Eine lehrreiche und äusserst nützliche Zeit für ihre weiteren beruflichen Etappen. «Selbst Arbeitgeber gewesen zu sein, hilft im HR, beide Seiten zu sehen.» Ausserdem habe sie gelernt, «was es heisst, das Geld für die Löhne selbst zu erarbeiten.» Fürs wirtschaftliche Denken sei die Selbständigkeit deshalb eine gute Ausbildung.

Auf das Wichtig fokussieren

Trotz der vielen Arbeitsstunden kommt ihr Sohn nicht zu kurz. «Ich habe vieles delegiert und von zu Hause aus erledigt. Die Kommunikationswege waren kurz, wir wohnten ja direkt über dem Restaurant.» Auch wenn sie dabei manchmal an ihre Grenzen gelangt: «Solche Momente gab es immer wieder. Dann habe ich mich auf das fokussiert, was gerade wichtig war.»

Ihr Leben hätte so weiterlaufen können. Dann lernt die 28-Jährige 1998 ihren zweiten Ehemann kennen. Als sie 2001 schwanger wird, lässt Gabriela Riat den Pachtvertrag auslaufen. Nach der Geburt ihrer Tochter zu Hause zu bleiben, kommt für sie nicht in Frage. «Ich habe immer gern gearbeitet.» So bewirbt sie sich bei der Expo 02 als HR-Projektmanagerin und rekrutiert 250 Gastromitarbeitende, die sie während zehn Monaten auf den verschiedenen Arteplages betreut. Ein weiterer «Gobelin-Moment», in dem für Gabriela Riat alles bisher Erfahrene zusammenkommt.

Es sind intensive Monate, in denen sie erstmals auf ein professionelles HR trifft. Im Büro verbringt sie jedoch nur einen von fünf Tagen. Ansonsten pendelt sie von Arteplage zu Arteplage. Fällt jemand aus, besorgt sie kurzfristigen Ersatz. Gibt es disziplinarische Probleme, kümmert sie sich ebenfalls darum. Notfalls spricht sie sogar Kündigungen vor Ort aus.

Neue Herausforderungen

Als die Landesausstellung endet, ist ein erneuter Richtungswechsel angesagt. Beim Medizinalunternehmen Stryker Trauma findet sie eine für zwei Jahre befristete HR-Herausforderung. Weil die Gebäude des aufstrebenden Unternehmens in Genf aus allen Nähten platzen, steht ein Umzug nach Selzach bevor. Das bedeutet für Gabriela Riat, Mitarbeitende in Genf abzubauen und gleichzeitig Mitarbeitende am neuen Standort zu rekrutieren. Keine einfache Situation für die 32-Jährige: «Die Stimmung war angespannt.»

Geholfen hätten die direkte Betreuung und Mitarbeitergespräche. «Mein Chef und ich waren in dieser Zeit oft in Genf und haben für die Austretenden mit Outplacement Anschlusslösungen gesucht.» Ein Übertritt ins HR kommt nach Abschluss des Projekts nicht in Frage. «Die Stellen waren alle besetzt und ich war bereits mit meinem dritten Kind schwanger.» Ein idealer Zeitpunkt für eine Auszeit für die Familie. 2005 folgt der Wechsel zu Ypsomed, wo sie die Rekrutierung für das Gesamtunternehmen übernimmt.

Eine Herausforderung, die sie ins Schwärmen bringt. «Wir wuchsen schnell und mussten bis zu 100 Vakanzen gleichzeitig besetzen.» Damit kann Gabriela Riat das tun, was sie am liebsten hat: «Menschen an die richtigen Stellen bringen.» Die Harmonie währt jedoch nur bis zu einem Strategiewechsel, bei dem der Mitarbeiterbestand eingefroren wird und damit ihre Rekrutierungstätigkeit endet. Bei Ypsomed bleiben ist keine Option: «Nur» HR-Businesspartner zu sein, genügt ihr nicht.

Ein Bild vervollständigt sich

Ihre Berufung findet Gabriela Riat in der Personaldienstleistungsbranche, als sie 2007 bei Vedior als Branch Manager mit Budgetverantwortung Arbeitnehmende für verschiedenste Kunden platziert und eigenständig Filial-Strategien entwickelt. Gleichzeitig kündigt sich neuer Nachwuchs an. Bei Antritt ihres Mutterschaftsurlaubs im August 2008 ahnt sie noch nichts von der bevorstehenden Fusion mit Randstad. Denn damit ändert sich erneut alles. «Ich konnte meine Kunden von da an nicht mehr so betreuen, wie ich mir das vorgestellt hatte.»

Nach einem Intermezzo bei Ruag übernimmt Gabriela Riat im Oktober 2018 die HR-Leitung bei Kelly. Eine Position, in die sie erst noch hineinwachsen muss. «Ich möchte in dieser Position reifer werden und mich vermehrt auf strategische Themen konzentrieren.» Obschon nur kurz im Amt, hat sie sich bereits ein hohes Ziel gesteckt: beste Arbeitgeberin der Branche zu werden. Dazu will sie unter anderem die Zusammen-arbeit der Mitarbeitenden und die Kelly-Services-Community fördern, denn: «Jeder Mitarbeitende ist Teil unseres Erfolgs.»

Zur Person

1969 geboren, wächst Gabriela Riat zusammen mit einem zwei Jahre älteren Bruder in Altdorf in der Innerschweiz auf, wo sie die Berge, den Wald und den See zu schätzen lernt. Einen Grossteil ihrer Jugend verbringt sie im Reitstall. 1988 beginnt sie eine Ausbildung zur medizinischen Assistentin. Diese bricht sie ab, als sie 19-jährig schwanger wird. Nach der Geburt ihres Sohnes arbeitet Gabriela Riat in der Gastronomie und führt 1996 bis 2001 ein eigenes Restaurant in Porrentruy.

Es folgen Engagements in HR-Projekten bei der Expo 02 und der Stryker Trauma AG, bevor sie beim Medizinalgerätehersteller Ypsomed ins Recruiting wechselt. 2007 wird Gabriela Riat Branch Manager bei Vedior und leitet in dieser Funktion Filialen in La Chaux-de-Fonds und Biel. Nach der Fusion von Vedior mit Randstad wechselt sie zur Ruag Defence, wo sie sich mit strukturierten HR-Prozessen auseinandersetzt.

Im Oktober 2018 übernimmt sie die HR-Leitung beim Personaldienstleister Kelly. Gabriela Riat ist in zweiter Ehe verheiratet und hat einen erwachsenen Sohn aus erster Ehe. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren drei jüngeren Kindern im Berner Jura.

Ein Tag im Leben von Gabriela Riat

Was motiviert Sie, morgens zur Arbeit zu gehen?

Mein Team und meine Freude, jeden Tag etwas bewegen zu können.

Wie beginnen Sie Ihren Arbeitstag?

Ich habe besonders am Morgen viel Energie. Deswegen widme ich die frühen Stunden strategischen Arbeiten.

Ihre Mittagspause verbringen Sie …

Am Hauptsitz im Pausenraum mit meinen Kollegen oder ich esse etwas an meinem Arbeitsplatz.

Wie viele Stunden arbeiten Sie täglich?

Mein Tag beginnt um 4.30 Uhr und endet gegen 22 Uhr. Für Kelly Services arbeite ich ungefähr zehn Stunden pro Tag.

Ihre letzte Tat an einem Arbeitstag?

Ein kurzer Austausch mit meinen Mitarbeitenden.

  • 04:30 Uhr Kurze Meditation. Zeit für mich.
  • 05:00 Uhr Zeit mit den Kindern, Tagesplanung.
  • 06:15 Uhr Fahrt zur Arbeit.
  • 07:00 Uhr Tagesplanung und strategische Arbeiten.
  • 10:00 Uhr Mails bearbeiten, Gespräche führen, Sitzungen.
  • 12:00 Uhr Kurze Mittagspause.
  • 12:30 Uhr Besuch von Filialen.
  • 14:00 Uhr Gespräche in der Filiale oder mit Regionalleitern.
  • 17:00 Uhr Mails bearbeiten und den nächsten Tag planen.
  • 18:00 Uhr Feierabend.
  • 19:00 Uhr Zeit mit der Familie.
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Chefredaktorin, HR Today. cp@hrtoday.ch

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