Ulrike Clasen
Nicht nur Gestik und Mimik stehen im Bewerbungsgespräch unter Beobachtung, auch das Erscheinungsbild hat Auswirkungen darauf, wie qualifiziert und kompetent eine Person wirkt. Aus der Psychologie ist bekannt: Der erste Eindruck entscheidet – innerhalb von wenigen Sekunden haben wir uns eine Meinung gebildet. Frisur, Kleidung, Stimme: All das sind Faktoren, die relevant sind für dieses erste Bild, das wir uns von einer Person machen. Daher lassen sich im Vorstellungsgespräch mit einem harmonischen Gesamtauftritt Pluspunkte sammeln. Irritiert das Äussere oder lenkt es vom Inhalt des Gesprächs ab, nützt das niemandem. HR-Fachpersonen und Recruitingspezialisten wollen den oder die Richtige finden. Während Fachkenntnisse mit strukturierten Interviews abfragbar und klarer identifizierbar sind, zeigen die Kandidatinnen und Kandidaten ihre Persönlichkeit mit dem, was sie sagen und wie sie dies tun, sowie mit ihrem Auftreten und ihrer Kleidung.
Im vergangenen Jahr wurde auf cio.com eine Umfrage veröffentlicht, bei der 514 Personalexperten im Auftrag der Firma Gillette zum Erscheinungsbild der Bewerbenden befragt wurden. Über 90 Prozent der Personaler gaben an, dass ihnen für den allerersten Eindruck am wichtigsten ist, ob ein Bewerber ordentlich auftritt. Noch wichtiger ist die angemessene Kleidung und Erscheinung bei einer Bewerbung für eine höhere Position – auch dann, wenn es sich um eine interne Bewerbung handelt.
Besonders auf Führungs- und Kaderstufe gibt es etliche – meist unausgesprochene – Dresscodes. Wie eine Kleiderordnung in einer Organisation verstanden wird, lässt sich einfach auf der Website eines Unternehmens sehen. Dort finden sich Bilder vom Management und von Mitarbeitenden, die auch einen ersten Eindruck zur Unternehmenskultur vermitteln. Zur Vorbereitung eines Vorstellungsgesprächs gehört daher die Frage, ob mein äusseres Erscheinungsbild passend für das Unternehmen ist, für das ich arbeiten will. Unsicheren Kandidaten gebe ich den Tipp, sich so zu kleiden, wie sie das Unternehmen in offiziellem Auftrag repräsentieren würden. Sich also ins Unternehmen einzudenken, was passt, ob Tatoos oder Piercing völlig okay sind und ob Jeans und Pulli eher passen als Anzug und Krawatte. Im besten Fall vermitteln die Kandidaten über ihre Kleidung ihre Kompetenz nach aussen. Das geht nicht mit zu enger Kleidung und aufspringenden Knöpfen an Damenblusen oder viel zu grossen Jacketts, die aussehen, als wären sie vom grossen Bruder ausgeliehen. Gefordert ist ein Bewusstsein über die Wirkung des Outfits. Die Bewerbenden müssen sich die Frage stellen, ob die gewählte Kleidung ihre Persönlichkeit genügend unterstreicht und ob Stil und Accessoires in das Unternehmen passen. HR-Personen kommen schliesslich auch nicht in Freizeitkleidung – dafür ist ein Bewerbungsgespräch für beide Seiten eine zu wichtige Angelegenheit.
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