Arbeit und Recht

Erhebliche Reduktion einer Konventionalstrafe

Urteil des Bundesgerichts vom 21. Dezember 2012 (4A_595/2012).

Das Urteil

Der beklagte Arbeitnehmer war seit dem 13. Juli 2008 bei der Klägerin in einer Kaderposition angestellt. Im Arbeitsvertrag wurde für die Dauer des Vertragsverhältnisses sowie sechs Monate nach dessen Beendigung ein Konkurrenzverbot mit einer Konventionalstrafe von sechs Monatslöhnen vereinbart. Der Arbeitnehmer kündigte das Arbeitsverhältnis Anfang Februar 2009 auf Anfang April 2009. Etwa drei Wochen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses gründete er zusammen mit weiteren Personen eine Konkurrenzgesellschaft. Daraufhin verlangte die Arbeitgeberin von ihm die Bezahlung der vertraglich 
vereinbarten Konventionalstrafe in der Höhe von 
85 000 Franken und reichte im April 2010 eine entsprechende Klage gegen ihn ein.

Sowohl das Kreisgericht See-Gaster als auch das Kantonsgericht St. Gallen hiessen die Klage der ehemaligen Arbeitgeberin zumindest teilweise gut. Eine Reduktion der Konventionalstrafe schien insbesondere angezeigt, weil die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer begründeten Anlass zur Kündigung gegeben hat und somit das Konkurrenzverbot für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsvertrages dahingefallen ist. Entsprechend war bei der Beurteilung der Angemessenheit der Konventionalstrafe nur noch die Verletzung des Konkurrenzverbotes in den letzten drei Wochen des Arbeitsverhältnisses massgebend.

Die Gerichte fanden, dass der Arbeitnehmer durch seine Mitwirkung bei der Gründung und die finanzielle Beteiligung am Konkurrenzunternehmen das Konkurrenzverbot nur punktuell verletzt habe und das Interesse der Arbeitgeberin an dessen Einhaltung so kurz vor Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr so gross gewesen sei. Gänzlich von der Konventionalstrafe absehen wollten die Gerichte aber auch nicht. Denn das Verschulden des Arbeitnehmers wurde als nicht unerheblich eingestuft. Immerhin kam ihm als Kadermitarbeiter, der im Übrigen tatsächlich Einblick in die Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse der Arbeitgeberin gehabt hatte, eine erhöhte Treuepflicht zu. Er hätte darauf drängen müssen, die Gründung der Gesellschaft auf die Zeit nach Ablauf seines Arbeitsverhältnisses zu verschieben. Aus diesen Überlegungen wurde die vereinbarte Konventionalstrafe von 85 000 auf 25 000 Franken gekürzt. Dagegen erhob der Arbeitnehmer vergeblich Beschwerde an das Bundesgericht. Dieses bestätigte den vorinstanzlichen Entscheid.

Konsequenz für die Praxis

Der Richter kann nach Art. 163 Abs. 3 OR übermässig hohe Konventionalstrafen nach seinem Ermessen herabsetzen. Auf Seiten der Arbeitgeberin hätte man sich bei dieser Ausgangslage allenfalls überlegen sollen, nur einen Teil der Konventionalstrafe einzuklagen, weil schliesslich die Gerichtsgebühren und die Prozessentschädigung nach dem Ausgang des Verfahrens auf die Parteien verteilt werden und die Chancen, den ganzen Betrag erhältlich zu machen, vermutlich von Anfang an nicht gut standen.

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos

Yvonne Dharshing-Elser arbeitet als Anwältin in der Steuer- und Rechtsabteilung der OBT AG in Zürich. Sie berät vorwiegend KMU in Fragen des Arbeits-, Vertrags- und Gesellschaftsrechts.

Weitere Artikel von Yvonne Dharshing-Elser