Personalrestaurants

Essen gut, alles gut

Das Mittagessen ist mehr als bloss eine kurz eingenommene Mahlzeit. Es beeinflusst die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter am Nachmittag, deren langfristige Gesundheit und oft die Zufriedenheit. Personalrestaurants kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Ihre Beliebtheit ist gestiegen im letzten Jahr.

Liebe geht bekanntlich durch den Magen. Was das Herz von hungrigen Mitarbeitern höher schlägen lässt, ist vergleichsweise einfach. Landauf und landab, vom Lehrling bis zum Manager, vom Arzt bis zum Bänker stehen sie alle auf das gleiche: Goldbraunes Schnitzel mit knusprigen Pommes Frites. «Steht Schnipo auf der Karte, wird das immer der Renner des Tages», sagt Julia Negri, Mediensprecherin der SV Group Schweiz. Das Unternehmen ist hierzulande Marktführer für Personalgastronomie und serviert pro Jahr rund 300 Millionen Menüs in 318 Betrieben.

Der Gang in eine Kantine oder ins Betriebsrestaurant, wie die Unternehmen lieber sagen, ist für viele alltäglich. Laut Schätzungen essen in der Schweiz rund eine Million Menschen pro Tag in Einrichtungen der Gemeinschaftsgastronomie. Und die «interne» Verpflegung wird immer beliebter: Der Umsatz in Kantinen ist 2012 im Vergleich zum Vorjahr um 4,4 Prozent gestiegen. Gemäss GastroSuisse, der diese Zahlen erhoben hat, ist diese Zunahme nicht höheren Preisen zuzurechnen, sondern mehr Besuchen. Die Restaurants hingegen mussten einen Umsatzrückgang von 2,4 Prozent hinnehmen.

Der Ruf nach gesundem Essen

Eine gesunde Entwicklung? Haben doch Kantinen und viele Personalrestaurants nicht gerade den Ruf, leichte, wohlbekömmliche Kost aufzutischen. «Diese Aussage kann nicht so pauschalisiert werden – es gibt durchaus Kantinen oder Caterer, die sich mit ausgewogener und genussvoller Ernährung auseinandersetzen und sich diesbezüglich stetig verbessern», sagt Steffi Schlüchter, dipl. Ernährungsberaterin HF und Leiterin von Nutrinfo, dem Informationsdienst der  Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung (SGE). Auch in vielen Betrieben sei das Thema inzwischen angekommen. Immer mehr Firmen zählen die Ernährung zur betrieblichen Gesundheitsförderung, die als ein modernes Instrument mitarbeiterorientierter Führung erkannt wird, um das Wohlbefinden und die Gesundheit der Mitarbeitenden zu fördern.

Ein Mittel dazu sind beispielsweise vergünstigte Preise für Mitarbeitende. Qualität hat seinen Preis, und ausgewogene Menüs können kosten, werden sie nicht quersubventioniert von den Firmen. Für Steffi Schlüchter zählt das Geldargument aber nur teilweise: «Ausgewogene Ernährung muss nicht teuer sein, aber es braucht Fachwissen und Zeit für die Umstellung.» Die Nachfrage nach gesundem Essen sei da in der Bevölkerung. Auch der «gesunde Take Away»-Bereich wachse, sagt Schlüchter. «Zudem wurde in Befragungen deutlich, dass Konsumenten durchaus bereit sind mehr zu zahlen, wenn sie wissen, dass ein Menu ausgewogen zusammengestellt ist – das bedarf der entsprechenden Kommunikation seitens der Anbieter sowie einer Qualitätsgarantie, zum Beispiel ein Label.»

Als Hilfe für Unternehmen die in ihren Personalrestaurants gesünderes Essen servieren wollen, sind die «Schweizer Qualitätsstandards für eine gesundheitsfördernde Gemeinschaftsgastronomie» erarbeitet worden (siehe Kasten). Ein Anliegen, das dem SGE äusserst wichtig ist. Denn die steigenden Kosten im Gesundheitswesen stammen zu einem Drittel von ernährungsbedingten Krankheiten. Da stellt sich die Frage, ob man Mitarbeitende nicht zu gesundem Essen zwingen darf. «Man muss niemanden zu Gesundheit zwingen – ausgewogene Mahlzeiten können optisch und geschmacklich sehr ansprechend sein, auch in der Gemeinschaftsgastronomie. Einzig wichtig ist, dass man ein ansprechendes Angebot zur Verfügung stellt und die Konsumenten selber wählen lässt», sagt Steffi Schlüchter.

Genuss ist Gesund

Da kommt das Schnipo wieder ins Spiel. Jeden Tag steht in einem von der SV Group geführten Personalrestaurant frisches Gemüse, frische Säfte und eine grosse Salatbar zur Verfügung. Zudem wurde mit LiveEasy eine eigene Linie für besonders leicht bekömmliche Menüs sowie vitamin- und ballaststoffreiche Snacks kreiert. Und trotzdem wird das Schnipo bestellt. Wo doch jeder weiss, dass der Fettgehalt der Pommes an den Hüften hängenbleibt, das frittierte Stück Fleisch müde macht am Nachmittag. Einen solchen Klassiker aber deswegen aus dem Menü zu streichen, kommt für die SV Group nicht in Frage. «Wir bieten sehr viel Gesundes an, aber es ist uns wichtig, nicht mit dem erhobenen Zeigefinger aufzutreten. Wir schreiben niemandem vor, was er essen soll», sagt Julia Negri.

Den Grund für die Beliebtheit von Schnipo sieht die SV Group darin, dass die meisten Menschen nur einmal am Tag auswärts essen und sich dann ab und zu auch etwas gönnen. Da spricht überhaupt nichts dagegen, im Gegenteil: «Gluschtiges wie Schnipo und Desserts werden bei uns nicht verbannt. Denn Gluscht bedeuted auch Genuss. Und Genuss fördert die Gesundheit. Die Menge ist dabei entscheidend», heisst es in den acht Grundsätzen für eine zeitgemässe Ernährung von der SV Group. Diese werden streng befolgt und  beinhalten Vorgaben wie eine schonende Zubereitung, den Einsatz von hochwertigen Ölen wie dem Sonnenblumenöl High Oilec und Schweizer Rapsöl, die Verwendung von frischen Kräutern und Gewürzen, dafür wenig Zucker und Salz und die Orientierung am saisonalen Angebot. «Wir stellen fest, dass in der Schweiz gerne währschaft gegessen wird. Und auch regionale und saisonale Küche kommt sehr gut an», sagt Julia Negri.

Erste Küche 1917

Auch im Personalrestaurant von Swiss Re, das einen legendären Ruf geniesst, wird stark auf eine gesunde, abwechslungsreiche Mittagsverpflegung mit qualitativ hochwertigen Produkten geachtet. Die eigene Verpflegung der Mitarbeiter hat im Unternehmen eine lange Tradition. Seit 1917 steht ein internes Restaurant zur Verfügung. «Die Vorteile neben einer gesunden Verköstigung sind, dass so internes Networking unterstützt wird, man sich untereinander kennt und dadurch Zugang zu Wissen von anderen hat. Zudem ist ein nicht ausser Acht zu lassender Aspekt die Zeitersparnis», sagt Mediensprecherin Brigitte Meier.

Jeden Tag werden vom eigenen Koch vier verschiedene Menüs angeboten. Suppe oder ein frisches Tagesgetränk und Salat von einem reichhaltigen Buffet ergänzen das Angebot. Auch ein Dessert, frisches saisonales Obst und Kaffee oder Tee stehen zur Auswahl. Das kommt an. Über 85 Prozent der Mitarbeitenden essen im Personalrestaurant, wie Brigitte Meier sagt. «Die Personalrestaurants schaffen nicht nur ein attraktives Arbeitsumfeld, sondern auch einen Ausgleich zum Arbeitsalltag.»

Das soll auf die Teller

Die Berner und die Genfer Fachhochschule haben zusammen mit der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung SGE die «Schweizer Qualitätsstandards für eine gesundheitsfördernde Gemeinschaftsgastronomie» erarbeitet. Daraus ist eine Dokumentation entstanden mit Checklisten zur Selbstbeurteilung, einer Begleitung bei Veränderungen und erfolgreichen Beispielen aus der Praxis.

www.goodpractice-gemeinschaftsgastronomie.ch

Eine Empfehlung, was auf den Teller soll, ist zu finden unter:

www.sge-ssn.ch/teller

Weitere Tipps für eine ausgewogene Ernährung in Personalrestaurants liefert das Label Fourchette verte aus der Romandie, auch in einigen Kantonen der Deutschschweiz immer häufiger anzutreffen:

www.fourchetteverte.ch/de/

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos
Weitere Artikel von Stefanie Schnelli

Cela peut aussi vous intéresser