HR Today Nr. 4/2022: Thema – HR im Verwaltungsrat

Frauenpower im Verwaltungsrat

Immer mehr Frauen haben in der Schweiz ein Verwaltungsratsmandat. Trotz dieser positiven Entwicklung ist das Land europaweit noch im Hintertreffen.

Der aktuelle Schillingreport 2022 zeigt: Die Schweiz holt in Sachen weiblicher VR-Besetzung auf, zählt trotz aller Fortschritte aber immer noch zu Europas Schlusslichtern. Nur in Kroatien und Griechenland gibt es noch weniger Frauen in ­Ver­waltungsräten. Das Bewusstsein für die mangelnde Frauenpräsenz in Verwaltungsräten wurde jedoch geschärft. Beispielsweise mit dem revidierten Aktiengesetz, das börsenkotierte Unternehmen verpflichtet, ihren Verwaltungsrat mit mindestens 30 Prozent Frauen zu besetzen. Wie der Schillingreport zudem zeigt, werden Firmen ohne Frauen im Verwaltungsrat oder in der Geschäftsleitung immer seltener. Dass Verwaltungsräte in der Schweiz weiblicher werden, bestätigen Stefanie Zagnoli-Groz, Partnerin bei der Amrop Executive Search AG, und Erik Wirz, Managing Partner bei Wirz & Partners.

Viele Unternehmen tun sich schwer, genügend qualifizierte Frauen zu finden. Oft sind es zudem dieselben Persönlichkeiten, die in verschiedenen Verwaltungsräten Einsitz haben. «Das geschieht, weil Mehrfach-Verwaltungsrätinnen sichtbarer sind als Frauen mit nur einem oder keinem Mandat», sagen Wirz und Zagnoli-Groz. «Deshalb werden Erstere mehrfach ­angefragt.» Ein Problem? «Nicht per se», sagt Zagnoli-Groz. «Wichtig ist, dass Verwaltungsrätinnen genügend Zeit haben, ihr Mandat seriös auszuüben. Das ist in Krisenzeiten besonders wichtig, weil der Verwaltungsrat dann stark gefordert wird.» Hätten VR-Mitglieder verschiedene Mandate inne oder seien sogar operativ tätig, sei es zuweilen schwierig, alles unter einen Hut zu bringen.

Dass viele junge Frauen keine Verwaltungsratstätigkeit ausüben, hat gemäss Zagnoli-Groz vor allem damit zu tun, dass ein VR-Mandat nebst operativen Tätigkeiten und allfälligen Familienpflichten zeitlich herausfordernd ist. «Viele entscheiden sich deshalb erst zu einem späteren Punkt in ihrer Karriere für eine VR-Tätigkeit.» Um eine Verwaltungsratstätigkeit einzunehmen, seien zudem spezifische Fachkompetenzen vonnöten, sagen Wirz und Zagnoli-Groz. Daneben müsse eine Aspirantin Erfolge in einer Branche auf Geschäftsleitungsebene nachweisen und über eine ausgeprägte emotionale Kompetenz, Kommunikationsstärke sowie Teamfähigkeit verfügen. Eine Ausbildung brauche es für ein VR-Mandat jedoch nicht unbedingt, wenn ein «beruflicher Leistungsausweis» vorliegt, sagt Wirz. Für Zagnoli-Groz wecken VR-Ausbildungen manchmal zu hohe Erwartungen: «Absolventinnen und Absolventen sind nach einer VR-Ausbildung oft enttäuscht, dass sie keine Anfragen erhalten.» Meist ergattern sich Frauen über ihr Netzwerk ein VR-Mandat. «In seltenen Fällen werden VR-Positionen aber auch öffentlich ausgeschrieben», sagt Zagnoli-Groz. Interessentinnen rät sie deshalb: «Machen Sie sich sichtbar, auch in den sozialen Medien. Vernetzen Sie sich bei Bedarf mit Executive-Search-Unternehmen.»

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Chefredaktorin, HR Today. cp@hrtoday.ch

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