HR Today Nr. 7+8/2016: Fokus Forschung

Freundschaften am Arbeitsplatz

Oft hört man den Ratschlag, zu Arbeitskollegen eine angemessene Distanz zu wahren. Dennoch befreunden wir uns häufig mit den Menschen, mit denen wir täglich im Büro zusammenarbeiten. Jessica Methot, Assistenzprofessorin für Human Resource Management an der Rutgers Universität in New Jersey, und ihre Kollegen untersuchten nun erstmalig den Effekt von «multiplexen Beziehungen» mit Arbeitskollegen, die ausserhalb der Arbeit auch Freunde sind.

Die Forscher befragten in einer ersten Studie 168 Beschäftigte einer Versicherungsfirma. Die Befragten erstellten zwei Listen: Die erste enthielt die Namen von zehn Arbeitskollegen, mit denen sie täglich zusammenarbeiten. Die zweite Liste enthielt die Namen von zehn Arbeitskollegen, mit denen die Befragten auch ausserhalb der Arbeit etwas unternehmen. Je mehr Überschneidungen die zwei Listen hatten, desto mehr multiplexe Beziehungen hatten die Befragten. Zusätzlich wurden auch Fragen zur emotionalen Erschöpfung und arbeitsbezogenen positiven Emotionen gestellt. Vier Wochen später bewerteten die Vorgesetzten die Arbeitsleistung der Befragten.

Die Resultate zeigen, dass die Arbeitsleistung umso besser bewertet wird, je mehr multiplexe Beziehungen die Befragten mit ihren Arbeitskollegen haben. Dies wird unter anderem damit erklärt, dass multiplexe Beziehungen mit mehr positiven arbeitsbezogenen Emotionen einhergehen. Andererseits gehen multiplexe Beziehungen aber auch einher mit vermehrter emotionaler Anspannung, was wiederum einen negativen Effekt auf die Arbeitsleistung hat.

In der zweiten Studie wurden 182 Beschäftigte von drei Läden und sechs Restaurants befragt. Dieses Mal beantworteten die Teilnehmenden zusätzliche Fragen über die Beziehungen mit ihren Arbeitskollegen hinsichtlich des emotionalen Supports, des Vertrauens und der Kraft, die sie aufwenden, um die Freundschaft aufrechtzuerhalten. Die Resultate zeigen einerseits, dass Vertrauen für den positiven Zusammenhang von multiplexen Beziehungen und Arbeitsleistung eine wichtige Rolle spielt. Andererseits scheinen Personen mit mehr multiplexen Beziehungen aber auch mehr Schwierigkeiten zu haben, die Beziehungen aufrechtzuerhalten, was sich wiederum negativ auf die Arbeitsleistung auswirkt.

Abschliessend bewertet die Forscherin Freundschaften am Arbeitsplatz zwar als ein zweischneidiges Schwert, betont aber, dass grundsätzlich die Vorteile überwiegen. Sie empfiehlt Arbeitgebern, mittels sozialen Events und Intranet-Plattformen Freundschaften in der Belegschaft zu fördern.

Quelle

  • Methot, J., Lepine, J., Podsakoff, N., & Christian, J. (2016). Are Workplace Friendships a Mixed Blessing? Exploring Tradeoffs of Multiplex Relationships and their Associations with Job Performance. Personnel Psychology, 69 (2), 311-355.
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Dr. Anja Feierabend 
ist Dozentin am Center für Human Resources Management (CEHRM) der Universität Luzern und Mitgründerin des Start-ups «HR ConScience».

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