Heidi Joos
Unser Verein reichte vor einem Jahr in Bern eine Petition ein, die ein flächendeckendes Antidiskriminierungsgesetz verlangt, das auch Schutz vor Altersdiskriminierung gewährt. Dass es in der Schweiz an der Tagesordnung ist, Ältere auf dem Arbeitsmarkt zu benachteiligen, stellte auch die OECD immer wieder fest. So schalten viele Unternehmen im elektronischen Jobselektionsprozess sogenannte Bewerbungsfilter vor, die älteren Jobsuchenden aufgrund des Alters unmittelbar Absageschreiben zustellen. Immer mehr Arbeitgeber geben zudem offen zu, dass Ältere aufgrund der höheren BVG-Beiträge zu teuer sind. Sie bevorzugen jüngere und billigere Arbeitskräfte – auch aus dem Ausland. Seit der Einführung der Personenfreizügigkeit steigt die Anzahl der beim Seco gemeldeten Stellensuchenden der Generation 45+ überdurchschnittlich. Wer einmal arbeitslos ist, bleibt länger erwerbslos als in anderen OECD-Ländern. Ein Indikator dafür, dass die von Bund und Arbeitgebern in Aussicht gestellten Massnahmen zur Arbeitsmarktintegration von Älteren in der Praxis nicht greifen. Im April dieses Jahres legte der Bundesrat dem Parlament nun einen Bericht vor, in dem er entgegen früherer Äusserungen eingesteht, dass die geltende Rechtsordnung den Schutz vor Diskriminierung nicht ausreichend gewährleistet. Der in der Bundesverfassung verankerte Diskriminierungsschutz lässt sich zwingend nur im öffentlichen Recht anwenden. Im Privatrecht hingegen (zu dem auch das Arbeitsrecht gehört) gibt es grosse Lücken. In Bezug auf die Kriterien Behinderung und Gleichstellung wurden zwar entsprechende Gesetze geschaffen. Deren Wirksamkeit ist jedoch aufgrund zahlreicher Verfahrenshürden wie der Beweis- und Kostenlast nicht zufriedenstellend. Das erklärt auch, warum es kaum zu Klagen kommt. Trotz seiner Zugeständnisse lehnt der Bundesrat ein Antidiskriminierungsgesetz nach dem Muster der EU weiterhin ab. Seine Ängste, wonach die Schaffung einer umfassenden Gesetzgebung die sektoriellen Lösungen gefährde, sind jedoch unbegründet. Der von der EU jüngst eingeleitete Optimierungsprozess der Antidiskriminierungsgesetzgebung belegt, dass das Bewusstsein für einen wirksamen Schutz durch eine umfassende Gesetzgebung wächst. Die Gründe für die ablehnende Haltung des Bundesrats liegen eher darin, dass er die Profite nicht gefährden will, die unser liberaler Arbeitsmarkt mit diskriminierenden Spezifitäten wie «Arbeit auf Abruf» oder «nicht BVG-pflichtige Teilzeitarbeit» macht. Die Zeche dafür zahlen viele Ältere, auf welche Altersarmut wartet. Dem Anliegen nach einem Schutz der Älteren vor Diskriminierung kommt der Bundesrat insofern nach, als er das Schweizerische Kompetenzzentrum beauftragt, innert Zweijahresfrist einen Bericht über die Diskriminierung von Älteren in der Schweiz vorzulegen. Ein Schritt in die richtige Richtung. Doch eine wünschbare griffige Gesetzgebung, die Älteren im Arbeitsrecht ein wirksames Klagerecht einräumt, wird somit erneut herausgezögert.
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