Serie: Dark Triad

HR-Praxis: Mit «dunklen Persönlichkeiten» umgehen

Jedes Persönlichkeitsmerkmal birgt positive und negative Aspekte. Die Merkmale der Dunklen Triade gehen jedoch vermehrt mit Arbeitsverhalten einher, das für Unternehmen problematisch sein kann. Wir beleuchten Massnahmen, die HR-Verantwortliche ergreifen können, wenn negative Folgen für das Unternehmen und seine Mitarbeitenden drohen.

Einzelne Aspekte der Triaden-Merkmale können im Berufsleben durchaus anforderungskonform sein. Etwa im Fall des kühl abwägenden Machiavellisten, der in bestimmten Branchen sehr gefragt ist und strategisch Netzwerke aufbauen kann. Oder im Fall des glänzend präsentierenden Narzissten, der sein Unternehmen mitunter bestens nach aussen vertreten und als charismatische Führungsperson auftreten kann. Auch eine milde Psychopathie kann sich in Risikosituationen durch die Fähigkeit, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich nicht durch Emotionen leiten zu lassen, positiv auswirken.

Zuerst die Arbeitsbedingungen analysieren

Dennoch hat eine US-amerikanische Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2011 (1)  gezeigt, dass die Merkmale der Dunklen Triade oft mit kontraproduktivem Arbeitsverhalten wie beispielsweise Machtmissbrauch, Diebstahl am Arbeitsplatz, Sabotage oder Betrug einhergehen.

Bereits eingestellte problematische Persönlichkeiten fallen vielfach in Mitarbeiterbefragungen, durch Kundenrückmeldungen, Statistiken zum Krankenstand oder durch Auffälligkeiten in den Kennzahlen für kontraproduktives Verhalten auf. Beurteilt ein Team beispielsweise die Führungskultur oder die Arbeitsatmosphäre im Vergleich zu anderen Teams in Mitarbeiterbefragungen besonders negativ, könnte dies auf eine problematische Führungsperson hinweisen. Nachdem bedingungsbezogene Aspekte wie zu hoher Arbeits- und Zeitdruck sowie eine ungünstige Arbeits- und Aufgabengestaltung als Ursachen ausgeschlossen wurden, sollte der Arbeitgeber als nächster Schritt das Verhalten der Führungsperson genauer beleuchten. Gleiches gilt für Rückmeldungen von Kunden, die sich darüber beschweren, dass nicht angemessen auf ihre Kundenbedürfnisse eingegangen wird. Auch im Fall von auffälligen Kranken- oder Kontraproduktivitätsstatistiken einzelner Teams gilt, dass zunächst problematische Arbeitsbedingungen ausgeschlossen und gegebenenfalls verbessert werden sollten, bevor die Personenseite in den Blick genommen wird.

Wenn Kunden oder Mitarbeitende einer problematischen Führungskraft aber bereits anfangen, unter den unreflektiert-grandiosen, manipulativen oder rücksichtslosen Verhaltensweisen zu leiden, dann ist es höchste Zeit zu handeln. Mit Unterstützung des HR muss die nächst höhere Ebene reagieren.

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Bedingungs- und personenbezogene Massnahmen

Es bieten sich verschiedene Massnahmen zum Umgang mit dunklen Persönlichkeiten im Unternehmen an, die sinnvoll aufeinander abgestimmt werden sollten. An erster Stelle ist an eine Gestaltung und Anpassung der Arbeitsanforderungen für die betroffene Person zu denken. Die Bedingungen können dahingehend weiterentwickelt werden, dass Narzissten die Bühne genommen und damit die Gelegenheit zur überzogenen Selbstdarstellung reduziert wird. Auf der anderen Seite können Möglichkeiten bedacht werden, wie die besonderen selbstdarstellerischen Fähigkeiten von Narzissten im Sinne des Unternehmens genutzt werden können, etwa durch eine Versetzung in Positionen, die eine selbstbewusste Präsentation von Produkten, Dienstleistungen oder des Unternehmens erfordern. In beiden Fällen sollten Narzissten vermehrt Feedback zu ihrem Verhalten bekommen. Für Machiavellisten und milde Psychopathen können die Arbeitsbedingungen insofern angepasst werden, dass sie einer stärkeren sozialen Kontrolle unterliegen, zum Beispiel durch vermehrtes Vier-Augen-Prinzip oder häufigere Besprechungen und Berichterstattungen.

Zusätzlich können Arbeitgeber verschiedene Personalentwicklungsmassnahmen einsetzen. Hierzu gehören Feedbackinstrumente wie Leistungsbeurteilungen oder Mitarbeitergespräche, gezielte Teamzusammenstellungen, Trainingsprogramme zur Steigerung der Selbst- und Gegenüberwahrnehmung sowie als intensivstes Mittel persönlichkeitsbezogene Coachings. Dabei gilt es in allen Fällen, die mangelnde Kritikfähigkeit und vergleichsweise geringe Aufgeschlossenheit gegenüber Feedback erfolgreich aufzuweichen und zu überwinden – eine echte Herausforderung!

Ganz konkret können Arbeitgeber die vorhandenen Feedbackinstrumente so überarbeiten und ergänzen, dass unproduktive oder gar schädliche Verhaltensweisen der Dunklen Triade über bestimmte Beurteilungskriterien abgedeckt werden. Für Mitarbeitende ohne Führungsverantwortung sollten sie Regel- und Vorschrifteneinhaltung, gegenseitiges Vertrauen, Loyalität gegenüber Team und Organisation sowie zwischenmenschliche Verhaltensweisen im Team und gegenüber Kunden in den Kriterienkatalog von Leistungsrückmeldungen aufnehmen. Diese Liste sollte für Führungspositionen um die Kriterien Mitarbeiterorientierung und insbesondere Wertschätzung der Mitarbeitenden, Schaffen von Vertrauen sowie Glaubwürdigkeit ergänzt werden. Rückmeldungen zu diesen Aspekten dienen nicht nur der Aufdeckung von kritischen Verhaltensweisen, sondern können als Feedback auch direkt verhaltensändernd wirken.

Weitere Massnahmen bestehen in der gezielten Zusammenstellung von Teams, indem nebst den fachlichen Aspekten auch die Persönlichkeit der Teammitglieder berücksichtigt wird. Einige wenige problematische Personen sind für ein Team «verkraftbar», insbesondere, wenn andere, sozial kompetente Teammitglieder ausgleichend wirken können. Treffen mehrere schwierige Persönlichkeiten zusammen, entstehen unproduktive, zermürbende oder auch sehr streitbare Teamkonstellationen mit geringem Output und hoher Unzufriedenheit.

Auch an Trainingsprogramme zur Verbesserung der Perspektivübernahme, zur Vertiefung der Verbindung zu sich selbst und anderen sowie zum besseren Verständnis der eigenen Emotionen ist zu denken. Leisten können dies zum Beispiel die immer bekannter werdenden und inzwischen gut erforschten Achtsamkeitstrainings.

Menschliche Persönlichkeit ist stabil

Oftmals werden die genannten Interventionen nicht ausreichen. In solchen Fällen bietet sich ein längerfristig angelegtes, persönlichkeitsorientiertes Coaching an. Generell stellt sich die Frage, inwiefern tiefgreifende Persönlichkeitsmerkmale tatsächlich gezielt verändert werden können. Denn die persönlichkeitspsychologische Forschung hat in umfangreichen Zwillingsstudien zeigen können, dass die menschliche Persönlichkeit recht stabil angelegt ist. Gleichwohl sind Veränderungen möglich und können durch geeignete Interventionen, wie die oben genannten, angestossen werden. Verhaltensänderungen sind aber nicht über Nacht zu erwarten, sondern stellen sich erst längerfristig ein.

Serie: Dark Triad

Haben Sie sich schon über Mitarbeitende geärgert, die nichts zu sagen haben, aber immer im Mittelpunkt stehen wollen? Haben Sie sich schon über Führungskräfte gewundert, die ohne Rücksicht auf Andere ihre Ziele durchsetzen? Oder hatte Ihr Unternehmen schon unter Mitarbeitenden zu leiden, die wichtige Entscheidungen impulsiv getroffen haben? Dann dürfte Sie unsere Artikelserie «Dark Triad» interessieren, in der wir die dunkle Seite der Persönlichkeit beleuchten. Wir zeigen, wie Sie Merkmale der Dunklen Triade im Bewerbungsprozess erkennen und welche Massnahmen HR-Verantwortliche ergreifen können, wenn durch «dunkle Persönlichkeiten» negative Folgen für das Unternehmen drohen.

Quellen

  • O’Boyle, E. H., Forsyth, D. R., Banks, G. C., & McDaniel, M. A. (2011). A meta-analysis of the dark triad and work behavior: A social exchange perspective. Journal of Applied Psychology, 97(3), 557–79.
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Prof. Dr. Benedikt Hell ist Dozent an der Hochschule für Angewandte Psychologie (FHNW) und Studiengangsleiter CAS Angewandte Psychologie für die HR-Praxis, Personalauswahl und Personalentwicklung.

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M.Sc. Nadine Schneider ist wissenschaftliche Assistentin an der Hochschule für Angewandte Psychologie (FHNW). Arbeitsschwerpunkte: Eignungsdiagnostik, insbesondere Studieneignungsdiagnostik und Interessenforschung. www.fhnw.ch/personen/nadine-schneider

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