HR und Innovation

«Ideenfindung macht auch Spass!»

Bei einem Innovationsworkshop kann vieles schiefgehen: Die Fragestellung ist zu allgemein formuliert, es herrscht eine 
zu ernste oder zu alberne Stimmung – oder es wurden gar die falschen Leute eingeladen. Jens-Uwe Meyer, Gründer und Geschäftsführer der Ideeologen, sagt, wie diese Workshops zu gestalten sind und welche Rolle der Humor spielt.

Herr Meyer, worauf sollten Unternehmen bei der Rekrutierung achten?

Jens-Uwe Meyer: Auf Macherqualitäten. Solche Qualitäten haben Mitarbeitende, die Dinge schnell aufgreifen, schnell vorantreiben und die schnelle Innovationserfolge sehen wollen. In unseren Studien haben wir jedoch festgestellt, dass selbst Unternehmen, die sich stark mit Innovation auseinandersetzten, nur zu 18 Prozent eine Kultur des Machens haben. Solche «Macher» bekommt man aber nicht über klassische Stellenausschreibungen. Hier muss das HRM ungewöhnliche Wege gehen, wie etwa Businessplanwettbewerbe oder Innovationswerkstätten mit Studenten oder Bewerbern veranstalten. Dabei muss das HRM darauf achten, wer die besten Ideen hat, und gleichzeitig auch Durchhaltevermögen und Durchsetzungswillen, um diese Ideen zum Erfolg zu führen.

Welchen Einfluss hat eine Führungskraft auf die Kreativität der Mitarbeitenden?

Einen ganz entscheidenden. Eine Führungskraft ist nicht in der Lage, aus jedem Mitarbeitenden einen Einstein zu machen. Aber sie kann das kreative Potenzial eines Mitarbeitenden viel mehr nutzen, als es häufig getan wird. Etwa indem sie durch spannende und unerwartete Fragen Ideen aus dem Mitarbeitenden herauskitzelt. Das wichtigste Element sind jedoch die Ziele. Wenn Führungskräfte Ziele vorgeben, die innerhalb des Erreichbaren liegen und mit klassischen Standardmethoden zu erreichen sind, fordert dies keine Kreativität. Sind die Ziele jedoch visionär und nur durch innovatives Denken zu erreichen, sind Mitarbeitende zu Kreativität praktisch «gezwungen».

Ein Unternehmen veranstaltet einen Innovationsworkshop. Worauf muss es achten?

Auf eine konkrete Fragestellung. Oft sind die Fragestellungen in einem Innovationsworkshop viel zu allgemein. Beispielsweise: «Wie können wir die Kundenzufriedenheit erhöhen?», auf eine solche Frage kommen in der Regel nur allgemeine und oberflächliche Ideen. Der zweite wichtige Punkt ist die Zusammensetzung der Teilnehmenden.

Wen sollte man zum Workshop einladen?

Kreativität lebt davon, dass verschiedene Wissensgebiete aufeinandertreffen. Es macht also Sinn, Mitarbeitende aus verschiedenen Fachgebieten einzuladen, vor allem solche, die bereits als Ideengeber aufgefallen sind. Da ein Innovationsworkshop von Produktivität lebt, ist es wichtig, Leute zu integrieren, die von Natur aus eher Ideensprudel sind. Bei komplizierten Themen können auch Experten von ausserhalb helfen. Gerade die Öffnung nach aussen fällt vielen Unternehmen übrigens sehr schwer, dabei ist das häufig 
einer der Erfolgsfaktoren von Innovationsworkshops.

Wie wichtig ist der Humor bei der Ideenfindung?

Sehr wichtig. Wenn Menschen Ideen generieren, vernetzen sie unterschiedliche Gebiete ihres Gehirns miteinander, das heisst es, werden assoziative Brücken zwischen verschiedenen Wissensgebieten geschaffen. Humor macht im Prinzip nichts anderes: Verschiedene Regionen des Gehirns werden neu und ungewöhnlich miteinander verknüpft. Die Hirnaktivitäten bei Humor und Ideenfindung liegen also sehr nah beieinander und ergänzen sich damit ausgesprochen gut.

Wie schaffe ich ein humorvolles Umfeld?

Ernste Menschen, die jede Idee abblocken, sind definitiv nicht die richtigen Teilnehmenden für einen Innovationsworkshop. Aber Vorsicht bei Vorurteilen: Stille Menschen oder Leute, die während ihrer Arbeit nicht viel lachen, tauen erstaunlich schnell auf, wenn sie vom Moderator richtig angesprochen werden. Wir erleben auch häufig, dass selbst die Teilnehmenden, die sich durch die Moderatorenansprache nicht begeistern lassen, spätestens dann munter werden, wenn sie in der Gruppe die ersten Ideen generieren. Ideenfindung macht auch Spass! Auf jeden Fall sollten sich in jedem Innovationsworkshop frühzeitig Erfolgserlebnisse für die Teilnehmenden einstellen.

Sind humorvolle Menschen kreativer?

Kreativität bedeutet, Dinge auszuprobieren, Fehler zuzulassen und Gedanken zu verfolgen, die im ersten Moment komisch erscheinen. Dabei hilft Humor. Wenn ich in der Lage bin, über meine Fehler zu lachen, fällt es mir leichter, sie mir einzugestehen und überhaupt erst Risiken einzugehen. Dass humorvolle Menschen jedoch immer kreativer sind als andere, würde ich so nicht unterschreiben.

Was sind Erfolgsfaktoren für einen gelungenen Workshop?

Eine der wichtigsten Rollen kommt dem Moderator zu. Er ist Leiter, Entscheider und Motivator in einer Person, vergleichbar mit dem Animateur eines Urlaubsclubs. Neben den Kreativitätstechniken, die eingesetzt werden, ist die Atmosphäre ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor. Es darf nicht zu ernst, aber auch nicht zu albern werden. Die richtige Balance ist das A und O.

Welche Qualitäten sollte ein Moderator aufweisen?

Er muss selber kreative Fähigkeiten haben und schnell auf Arbeitsgruppen eingehen können. Wenn bei einer Arbeitsgruppe zu Beginn nichts läuft, muss der Moderator beispielhaft erste Ideen skizzieren, um so den anderen den Einstieg zu erleichtern.

Andere Teilnehmergruppen verzetteln sich schnell und vergessen, was eigentlich das Ziel der Gruppenarbeit war. Hier gilt es, die Gruppe an das Ziel zu erinnern. Manchmal können Gruppen mit Fragen überhaupt nichts anfangen. Dann ist es die Aufgabe eines Moderators, die Frage zu verändern, zu konkretisieren oder weiterzuentwickeln. Einen Innovationsworkshop zu leiten, ist eine hochanspruchsvolle Aufgabe, zumindest wenn der Anspruch besteht, dass am Ende qualitativ hochwertige Ideen herauskommen, die im Unternehmen auch umsetzbar sind.

Jens-Uwe Meyer

ist Gründer und Geschäftsführer der «Ideeologen» (www.ideeologen.de). Seit mehr als zehn Jahren berät er Unternehmen und internationale Konzerne in der strategischen Ideenentwicklung und beim Aufbau einer Innovationskultur. Zudem ist er Lehrbeauftragter für Corporate Creativity am Lehrstuhl für strategisches Management an der Handelshochschule Leipzig sowie Buch- und Fachautor. Jens-Uwe Meyer war früher Polizeikommissar bei der Rauschgiftfahndung, wechselte dann zum Fernsehen, wo er als Chefreporter live aus mehr als 25 Ländern berichtete, und wurde später Chefredaktor und Programmdirektor bei Radiosendern.

 

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