Tipp

Je sicherer die Spiele mit dem Status, desto besser die Führung

Führungskräfte sind in turbulenten Zeiten besonders gefordert, denn einerseits müssen sie Führungsstärke beweisen, 
andererseits dürfen sie aber die Bodenhaftung und den informellen Kontakt zu ihren Mitarbeitenden nicht verlieren. Ein Status-Modell veranschaulicht die Herausforderungen an erforderliche situativ angepasste Führung.

Die Erwartungshaltung an Führungskräfte ist gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten besonders hoch: Kostensenkungen, Streichung von Privilegien bis hin zu einem (möglichst sozialverträglichen) Personalabbau: All das sind Führungsthemen mit hohem Konfliktpotenzial. Führungskräfte sind hier nicht nur als Macher, sondern auch als Moderatoren ihrer Entscheidungen gefordert. Sie müssen mit dem damit einhergehenden psychischen Druck umgehen können.

Um dem Spagat zwischen notwendiger Distanz und sinnvoller Nähe zu ihren Mitarbeitern gerecht zu werden, müssen Führungskräfte Status-Artisten sein. Status-Artisten sind in der Lage, ihren Kommunikationsstil situativ  den Erfordernissen anzupassen. Sie können in Situationen, die Durchsetzungsstärke und eine gewisse Distanz erfordern, ihren Status erhöhen und umgekehrt in anderen Situationen, die Nähe und Glaubwürdigkeit erfordern, den eigenen Status senken.

Das Status-Modell

Oft geben sich Menschen nach aussen hin stark, obwohl sie im Inneren keineswegs so sicher und entschlossen sind, wie es den Anschein haben soll. Umgekehrt kann es sein, dass jemand nach aussen eine untergeordnete Position einnimmt, innerlich aber einer klaren Strategie folgt und sie, trotz scheinbarer Unterlegenheit, am Ende durchsetzt.

Das Status-Modell kennt zwei Achsen: Die Beziehungs-Achse mit den Ausprägungen Sympathie und Ablehnung und die Macht-Achse mit den Ausprägungen Durchsetzungsfähigkeit und Nachgiebigkeit. Quer durch das Status-Modell verläuft die Trennlinie zwischen tieferem und höherem Status. Für beide Positionen gilt, dass sie zunächst nicht «ein bisschen» hoch oder tief sind, sondern – relativ zur anderen Person – klar definiert. Man ist entweder hoch oder tief.

Die Position des gleichen Status gibt es nicht. Auch bei der Kommunikation auf Augenhöhe ist stets ein, wenn auch minimales, Gefälle vorhanden.

Im nächsten Schritt unterscheidet das Status-Modell zwischen innerem und äusserem Status: Wie fühle ich innen und wie stelle ich das nach aussen dar?

Daraus ergeben sich vier unterschiedliche Dispositionen:

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Ich fühle innen hoch und spiele aussen tief – der Charismatiker
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Ich fühle innen hoch und spiele aussen hoch – der Macher
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Ich fühle innen tief und spiele aussen hoch – der Arrogante
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Ich fühle innen tief und spiele aussen tief 
– der Teamplayer

Das Status-Modell kennt vier Komponenten: hoher und tiefer Status, innen und aussen. Jede Kombination dieser Komponenten hat ihre ganz eigene Ausprägung. Wir vereinen in unterschiedlichen Situationen unseres Lebens alle vier Status-Typen in uns. In sozialen Stresssituationen aber tendiert jeder dazu einen Status zu bevorzugen. Diesen spielt jeder unbewusst, und scheinbar unausweichlich, immer wieder. Solange wir das Spiel nicht auf eine bewusste Ebene heben, sind wir schicksalhaft mit diesem einen Typus verbunden, ja an ihn gekettet. Er funktioniert wie ein Autopilot, der in sozial schwierigen Situationen automatisch die Führung übernimmt.

Jeder Status-Typ ist unterschiedlich sympathisch und respektabel. Unter den vier Varianten gibt es:

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eine Haltung, mit der es gelingt, respektiert zu werden und gleichzeitig sympathisch zu sein;
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eine weitere, die vor allem hohen Respekt garantiert;
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eine dritte, mit der sich weder Respekt noch Sympathie gewinnen lässt,
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und schliesslich eine, die hohe Sympathiewerte erzeugt, jedoch wenig Respekt einbringt.

Die erste Variante ist der Favorit. Es liegt auf der Hand, dass es sich dabei um die Variante handelt, die den grössten Einsatz erfordert und die höchsten Ansprüche an den Statusspieler stellt. Der Aufwand trägt aber, wie sich noch zeigen wird, reiche Früchte. Die Haltung innen hoch und aussen tief bedeutet: Ich weiss, was ich will, und verfolge dazu meine Ziele geschickt, klug und diplomatisch.

Wenn Führungskräfte es schaffen, auf der Klaviatur ihres Führungsverhaltens sowohl die Bereiche innen und aussen hoch als auch innen hoch und aussen tief zu spielen, dann werden sie in Konfliktsituationen ein hohes Mass an Einsicht, Commitment und Gefolgschaft unter ihren Mitabeitern erzielen. Dies erfordert aber die grundsätzliche Bereitschaft, den Mut und das Selbstvertrauen, auch in sozialen Stresssituationen den eigenen präferierten Status zu verlassen. Nur dann sind Führungskräfte in der Lage, ihren Mitarbeitern Orientierung und Halt, aber auch das Vertrauen und die Einsicht zu vermitteln, die nötig sind, die Herausforderungen der Wirtschaftskrise und die damit verbundenen Konflikte im Sinne des Unternehmens und der Beteiligten zu lösen.

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos

Tom Schmitt ist Trainer, Schauspieler, Regisseur und Inhaber des Trainingsinstituts COMMITT in Hamburg. www.committ-training.de

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