Reorganisation

Klare Worte beim Stellenabbau halten verbleibende Mitarbeiter bei der Stange

Die Entlassung von mehreren Mitarbeitern ist eine einschneidende Veränderung. Dabei brechen viele Ansprüche und 
Aufgaben auf das Unternehmen ein – ganz speziell auf die HR-Verantwortlichen. Es lohnt sich in vielerlei Hinsicht, der 
richtigen und vor allem der rechtzeitigen Kommunikation solcher Massnahmen besonderes Augenmerk zu schenken.

In der Regel wird eine Massenentlassung kurzfristig angekündigt. Wenn der wirtschaftliche Druck diese Massnahme unumgänglich macht, steht die Personalabteilung vor einer arbeitsreichen und energieraubenden Zeit. Einerseits müssen HR-Verantwortliche damit umgehen können, dass beim Aussprechen der individuellen Kündigungen persönliche Schicksale auf den Tisch gelegt werden. Andererseits muss die Personalabteilung Kompetenz und Kraft aufbringen, den ausscheidenden Mitarbeitenden Perspektiven für den künftigen Berufsweg aufzuzeigen. Gleichzeitig müssen HR-Verantwortliche auf Fragen der verbleibenden Belegschaft adäquat reagieren. Und schliesslich muss die Geschäftsleitung in dieser Phase aktiv und professionell unterstützt werden.

Die Produktivität ist in schwierigen Situationen schnell in Gefahr

Bei Massenentlassungen treten sofort und sehr akzentuiert verschiedene Gefühle der Angst und Wut auf. Verunsicherung macht sich breit, dies oft auch bei der Geschäftsleitung. Verantwortungsvoll handelnde Geschäftsführer und Unternehmer sind sich der misslichen Lage der gekündigten Mitarbeiter bewusst. Vielleicht sind sie sogar von Gewissensbissen geplagt, dass sie diesen Schritt nicht verhindern konnten. So ist es besonders wichtig, dass die Geschäftsleitung durch professionelles Handeln gestärkt wird, so dass sie der Belegschaft und allfälligen Sozialpartnern/Gewerkschaften entgegentreten kann. Die klare, frühzeitige und richtige Kommunikation verhindert, dass Emotionen überkochen, und bietet Gewähr, dass weiterhin produktiv gearbeitet wird.

In der Realität ist es oft so, dass die Geschäftsleitung eine Massenentlassung beschlossen hat und diese dann verkündet. Es ist allerdings tunlichst darauf zu achten, dass noch nicht von einem Beschluss, sondern erst von einer Option gesprochen wird. Keinesfalls darf die Unternehmensleitung die Belegschaft oder die Öffentlichkeit vor Tatsachen stellen, denn gemäss Art. 335f OR muss der Arbeitgeber vor einer beabsichtigten Massenentlassung den Arbeitnehmern die Gelegenheit bieten, sich dazu zu äussern und Vorschläge zu unterbreiten, wie die Massenentlassung verhindert werden könnte.

Wird diese Konsultationsfrist nicht eingeräumt oder der Anschein erweckt, es werde in jedem Fall eine Massenentlassung geben, so läuft das Unternehmen Gefahr, dass die später gekündigten Mitarbeiter die Kündigungen infolge Missbräuchlichkeit anfechten und so vom Arbeitgeber eine so genannte Pönalentschädigung von bis zu zwei Monatslöhnen verlangen können. In der Hitze des Gefechts werden kommunikative Unkorrektheiten begangen, die folgenschwere finanzielle Auswirkungen haben können. Es ist deshalb wichtig, frühzeitig einen minutiösen Ablaufplan zu erstellen: Wer informiert wen über welchen Kanal und zu welcher Zeit. Beim Erstellen eines solchen Kommunikationsplans ist auf die Eigenheiten des Unternehmens einzugehen. Je nach seiner Grösse (allenfalls auch börsenkotiert), der vorhandenen Kommunikationsinstrumente, der Struktur der Belegschaft (Sprache, Präsenzzeiten, Verständnis etc.) und der Unternehmenskultur wird die Kommunikation unterschiedlich ausfallen.

Entlassung von Kollegen schürt das Misstrauen der Verbleibenden

Besondere Ereignisse verlangen besondere Massnahmen. Bei einer beabsichtigten Massenentlassung ist es wichtig, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter persönlich – durch den Geschäftsführer – und gleichzeitig informiert werden. Vor der generellen Mitarbeiterinformation sind sinnvollerweise die Vorgesetzten, die Betriebskommission und gegebenenfalls die Gewerkschaften zu informieren. Allerdings sollten zwischen dieser Vorabinformation und der allgemeinen betriebsinternen Information nur Minuten liegen, um nicht Unruhe im Betrieb aufkommen zu lassen. Die externe Kommunikation an die Kunden, Investoren und an die Öffentlichkeit kann selbstverständlich schon vorbereitet werden, sollte aber nie vor der allgemeinen Information der Belegschaft erfolgen. Ein sehr nützliches Instrument sind beispielsweise vorbereitete Fragen&Antworten (F&A) für die Vorgesetzten. Es ist menschlich, dass an einer allgemeinen Mitarbeiterinformation kaum Fragen gestellt werden, sondern diese dann am Arbeitsplatz an den Vorgesetzten gerichtet werden. Dieser ist vielleicht gleichermassen verunsichert, und so dienen vorbereitete F&A dazu, die typischen Fragen der Mitarbeitenden einheitlich und im Sinne der Unternehmensleitung beantwortet zu wissen.

Aus dem Verantwortungsbewusstsein heraus kümmert sich bei einer Massenentlassung fast jedes Unternehmen stark um jene, die das Unternehmen verlassen müssen. Das ist gut so. Für den Fortbestand des Unternehmens aber viel wichtiger ist die Konzentration auf die verbleibenden Mitarbeitenden. Das Schicksal eines von der Massenentlassung betroffenen Kollegen schürt das Misstrauen in die eigene Arbeitsplatzsicherheit. Im schlechtesten Fall mündet dies gar in einem Groll auf den Arbeitgeber, der sich in passivem oder aktivem Widerstand zeigt. Ein solcher Mitarbeiter arbeitet nicht produktiv und vergiftet das Arbeitsklima in seinem Team. Es ist wichtig, den verbleibenden Mitarbeitenden regelmässig zu berichten, wie es dem Unternehmen geht, was die Massnahme der Massenentlassung bewirkt hat und welches die Perspektiven für das Unternehmen und damit für die Belegschaft sind.

Schliesslich muss man auch Instrumente schaffen, mit denen die Mitarbeiter ihre Fragen an die Personalabteilung und die Geschäftsleitung richten können – und dies anonym. Warum nicht einen Briefkasten einrichten und die Fragen mit deren Antworten öffentlich im Unternehmen publizieren? Vertrauensbildende Massnahmen gibt es viele – nur getroffen müssen sie werden. Die Kommunikation einer bevorstehenden tiefgreifenden Veränderung wie einer Massenentlassung ist nur dann gut, wenn sie geplant ist und nach einem Ablaufschema durchgeführt wird. So vermittelt die Kommunikation den rauchenden Köpfen Sicherheit in der stürmischen Zeit.

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Brigitte Kraus ist ­Inhaberin der Agentur konzis. Sie ist Juristin und Unternehmenskommunikatorin und begleitet Unternehmen in Ver­änderungssituationen, ­insbesondere bei Betriebsübernahme, Neuausrichtung, Personal­massnahmen sowie bei der Gesprächsführung und Verhandlung mit Gewerkschaften und Arbeitnehmer­vertretungen.

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