Arbeitsrecht

Nebenbeschäftigung

Gemäss Art. 321a Abs.1 OR hat der Arbeitnehmer die ihm übertragenen Arbeiten sorgfältig auszuführen und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers in guten Treuen zu wahren. Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses darf der Arbeitnehmer zudem keine Arbeit gegen Entgelt für einen Dritten leisten, soweit er dadurch seine Treuepflicht verletzt, insbesondere den Arbeitgeber konkurrenziert (Abs. 3).

Die Tragweite der Treuepflicht ist umso höher zu bemessen, als der Arbeitnehmer in der Unternehmenshierarchie eine leitende Stellung innehat (BGE 104 II 28).  Da Art. 321a Abs. 1 und Abs. 3 dispositiver Natur sind, lässt sich die gesetzliche Regelung der Treuepflicht nach den Bedürfnissen im Einzelfall im Arbeitsvertrag oder mittels Weisungen konkretisieren und erweitern. Es wäre also möglich zu vereinbaren, dass der Arbeitnehmer keine entgeltliche oder unentgeltliche nebenberufliche Tätigkeit für einen Dritten oder auf eigene Rechnung leistet.

Die dispositive Natur erlaubt aber auch, dass jede Nebentätigkeit durch Zustimmung des Arbeitgebers diesem gegenüber rechtmässig ist.

Zulässigkeit

Die Treuepflicht geht nicht so weit, dass dem Arbeitnehmer eine Nebentätigkeit ausserhalb der für die Hauptarbeit notwendigen Stunden versagt wäre. Im Gegenteil ist eine solche Beschäftigung durchaus gutzuheissen, vor allem wenn sie Entspannung bringt und ihn von der wöchentlichen beruflichen Belastung ablenkt (z. B. Gartenarbeit am freien Samstag, Taxifahren an einigen Wochenenden im Jahr, nebenberufliche Hauswartstelle). Eine Verletzung der Treuepflicht ist erst gegeben, wenn diese Tätigkeit den Arbeitgeber konkurrenziert oder ein solches Ausmass annimmt, dass die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers herabgesetzt ist. Der Arbeitgeber kann somit mit Recht Freizeittätigkeiten verbieten, die die Leistungen des Mitarbeiters am Arbeitsplatz zu beeinträchtigen drohen.

Entgeltliche konkurrenzierende Nebentätigkeit des Arbeitnehmers verstösst immer gegen die Treuepflicht und wird ausschliesslich nach Art. 321a Abs. 3 OR beurteilt. Das Resultat dieser Arbeit muss jedoch einem Dritten zukommen, Arbeit für eigene Bedürfnisse fällt nicht darunter. Der geschädigte Arbeitgeber kann die Vergütung des erlittenen Schadens verlangen, den Arbeitsvertrag kündigen, die Ausrichtung einer verabredeten Gratifikation verweigern (OR 322d) oder auch nur die Einstellung der unerlaubten Tätigkeit fordern. Bei einem schwerwiegenden Vertrauensbruch ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine fristlose Vertragsauflösung gegeben sind.  Hingegen darf er den vertraglich festgelegten Lohn nicht kürzen, weil dieser als Gegenleistung für den erbrachten Arbeitsaufwand zu betrachten ist und dem Arbeitnehmer zusteht, ohne dass er ein bestimmtes Arbeitsergebnis gewährleisten muss.

Beispielsweise wurde der Geschäftsführer eines Unternehmens im Bereich Reinigung und Unterhalt zum Ersatz des verursachten Schadens verurteilt, weil er neben seiner Haupttätigkeit einen Konkurrenzbetrieb gegründet und an Wochenenden und während der Arbeitszeit dafür gearbeitet hat (Urteil des Appellationshofs des Arbeitsgerichts des Kantons Genf vom 07.03.2001). 

Mehrfachbeschäftigung und Arbeitsgesetz (ArG)

Vermehrt kommt es vor, dass ein Arbeitnehmer gleichzeitig mehrere Arbeitgeber hat.  Eine Putzfrau beispielsweise ist regelmässig in mehreren Haushalten tätig. Wichtig dabei ist, dass die Haupt- und Nebentätigkeit, beziehungsweise verschiedene Tätigkeiten, die Höchstgrenzen für die Arbeitszeit nach dem ArG nicht überschreiten. Die Verantwortung für die Einhaltung der arbeitsgesetzlichen Vorschriften über die Arbeits- und Ruhezeiten liegt vollumfänglich beim Arbeitgeber, beziehungsweise den Arbeitgebern. Eine Mehrfachbeschäftigung ist zwar aus der Sicht des ArG grundsätzlich zulässig, die arbeitsgesetzlichen Vorschriften dürfen dabei aber nicht ausgehebelt werden, d. h. sie sind unter Beachtung aller Beschäftigungsverhältnisse – gleichgültig ob beim gleichen oder bei verschiedenen Arbeitgebern – insgesamt einzuhalten.

Bei Zweitarbeitsverträgen sind folgende arbeitsgesetzliche Bestimmungen besonders zu beachten: Wöchentliche Höchstarbeitszeit/Überzeit, tägliche Höchstarbeitszeit, tägliche Ruhezeit, wöchentliche Ruhezeit, wöchentlicher freier Halbtag, Sonntagsarbeit und die Sonderbestimmungen der Verordnung 2 zum ArG.

Ein Beispiel: Ein Arbeitnehmer leistet beim Hauptarbeitgeber gemäss Arbeitsvertrag ein Pensum von 40 Stunden pro Woche. Fällt der Betrieb unter die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 45 Stunden gemäss Art. 9 Abs. 1 lit. a ArG, so kann der Arbeitnehmer für höchstens 5 weitere Stunden eingesetzt werden, damit die Höchstarbeitszeit nicht überschritten wird. Jede darüber hinaus geleistete Stunde gilt als Überzeit nach ArG und ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Dieser Arbeitnehmer darf höchstens 170 Stunden Überzeit im Kalenderjahr leisten (Art. 12 Abs. 2 lit. a ArG).

Kommentar

Ein Betrieb, der Arbeitnehmende in einem Teilpensum (z. B. Aushilfen) beschäftigt und demzufolge möglicherweise Zweitarbeitgeber ist, hat sicherzustellen, dass die im Hauptbetrieb geleisteten Stunden bei der Berechnung der täglichen und wöchentlichen Höchstarbeitszeit mitgezählt werden. Es ist deshalb empfehlenswert, im Anstellungsreglement oder im Arbeitsvertrag eine entsprechende Bestimmung aufzunehmen, welche einerseits den Arbeitnehmer dazu anhält, Auskunft über seine Nebentätigkeiten zu geben und andererseits allfällige Nebenbeschäftigungen von der Zustimmung des Arbeitgebers abhängig macht.

  • Dieser Text entstammt der Publikation «Arbeitsrecht» Nr. 53 des Centre Patronal.
Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos

Andrea Hänsenberger ist Fürsprecherin. Sie schreibt unter anderem für die Publikation «Arbeitsrecht» des Centre Patronal.

Weitere Artikel von Andrea Hänsenberger