Arbeitsrecht

Probezeit

Die Probezeit dient den Vertragsparteien dazu, sich kennenzulernen und herauszufinden, ob sie längerfristig eine Vertrauensbeziehung miteinander eingehen wollen. Dabei können die Leistungsbereitschaft und –fähigkeit sowie das Arbeitsklima und Umfeld erprobt werden.

Wenn das Arbeitsverhältnis die Erwartungen nicht erfüllt, sollen es die Parteien rasch auflösen können. Deshalb kann das Arbeitsverhältnis während der Probezeit gemäss OR 335b/1 mit einer Frist von sieben Tagen auf jeden Zeitpunkt gekündigt werden. Zudem besteht während der Probezeit kein zeitlicher Kündigungsschutz nach OR 336c, d.h. der Arbeitnehmer kann das Arbeitsverhältnis auch dann kündigen, wenn der Arbeitnehmer wegen Krankheit, Unfall, Militärdienst usw. an der Arbeitsleistung verhindert ist. Ist der Arbeitnehmer aufgrund eines solchen Ereignisses während der 7-tägigen Kündigungsfrist an der Arbeitsleistung verhindert, so bewirkt dies keine Unterbrechung der Kündigungsfrist. Aufgrund dieser Wirkungen ist es von zentraler Bedeutung, wann und wie lange überhaupt eine Probezeit gilt bzw. von den Parteien gültig vereinbart werden kann.

Dauer

Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, gilt im unbefristeten Arbeitsverhältnis der erste Monat als Probezeit (OR 335b/1). Im befristeten Arbeitsverhältnis ist von Gesetzes wegen keine Probezeit vorgesehen. In beiden Fällen kann jedoch schriftlich eine Probezeit von höchstens drei Monaten gültig vereinbart werden (OR 335b/2). Wird eine längere Probezeit vereinbart, so wird diese gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung auf drei Monate reduziert mit der Folge, dass anschliessend mindestens eine Kündigungsfrist von einem Monat einzuhalten ist. Zudem hat das Bundesgericht festgestellt, dass der Arbeitnehmer nicht rechtsmissbräuchlich handelt, wenn er sich auf die Nichtigkeit einer längeren Probezeit beruft, mit der er ursprünglich einverstanden gewesen war.

Temporärarbeit

Bei unbefristeten Einsätzen kann das Temporärarbeitsverhältnis zwischen Personalverleiher und Arbeitnehmer während den ersten drei Monaten der ununterbrochenen Anstellung mit einer Frist von mindestens zwei Tagen und in der Zeit vom vierten bis und mit dem sechsten Monat mit einer Frist von mindestens sieben Tagen gekündigt werden (Arbeitsvermittlungsgesetz 19/4). Wenn nun ein Temporärarbeitnehmer über denselben Personalverleiher Einsätze bei verschiedenen Einsatzbetrieben leistet, so ist es gemäss Eidgenössischem Versicherungsgericht zulässig, für jeden neuen Einsatz eine neue Probezeit mit den genannten kurzen Kündigungsfristen zu vereinbaren.

Relativ häufig kommt es vor, dass Unternehmen einen vorerst temporären Mitarbeiter nach einer gewissen Zeit selber anstellen. In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob Arbeitgeber und Arbeitnehmer noch einmal eine neue höchstens drei Monate dauernde Probezeit gültig vereinbaren können. Im Entscheid Nr. 4C.327/2002 vom 7. Januar 2003 hatte das Bundesgericht diese Frage erstmals zu beantworten. Es kam zum Schluss, dass die Parteien gültig eine neue Probezeit vereinbaren können. Dies deshalb, weil zwischen Einsatzbetrieb und Arbeitnehmer keine direkte vertragliche Beziehung besteht, welche es den Parteien erlauben würde, ihr Vertrauensverhältnis zu erproben. Vielmehr ist es Sache des Personalverleihers, das Temporärpersonal auszuwählen und nur der Personalverleiher kann das Arbeitsverhältnis mit diesem kündigen.

Obschon der Temporärarbeitnehmer eine Beziehung zum Einsatzbetrieb hat und er dessen Weisungen befolgen muss, ergeben sich seine Verpflichtungen immer noch aus dem Vertrag mit dem Personalverleiher. Der Wechsel von einer Temporäranstellung zu einer festen Anstellung bewirkt eine wesentliche Änderung der Rechtsstellung, welche es nicht zulässt, dass der Temporäreinsatz an die Probezeit des zukünftigen Arbeitgebers anzurechnen ist. Selbst wenn die ausgeübte Tätigkeit identisch ist, ist der rechtliche Zusammenhang verschieden, argumentierte das Bundesgericht.

Weitere Spezialfälle

Hat ein Lehrling seine Lehre abgeschlossen und wird er anschliessend von demselben Arbeitgeber weiterbeschäftigt, so kann keine neue Probezeit gültig vereinbart werden.

Es kommt relativ häufig vor, dass im Verlauf einer arbeitsrechtlichen Beziehung mehrere Verträge, teilweise auch mit Unterbrüchen, aufeinander folgen. In diesen Fällen ist grundsätzlich eine Probezeit nur bei der erstmaligen Aufnahme des Arbeitsverhältnisses zulässig. Eine neue Probezeit in einem neuen Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber ist auch dann unzulässig, wenn der Arbeitnehmer eine neue Funktion ausübt, beispielsweise wenn eine Betriebsassistentin zur Geschäftsführerin befördert wird (AGer ZH. AN980216 vom 23. Juni 1998). Anders zu entscheiden wäre nur dann, wenn nach Auflösung eines ersten Arbeitsvertrages ein zweites völlig anders geartetes Vertragsverhältnis vereinbart würde.  Zur Frage, ob nach einem sehr langen Unterbruch beim gleichen Arbeitgeber allenfalls eine neue Probezeit gültig vereinbart werden kann, sind weder Gerichtsentscheide noch Lehrmeinungen zu finden.

Nach einem Betriebsübergang gemäss OR 333 können mit den Mitarbeitern keine neuen Probezeiten gültig vereinbart werden (AGer ZH. AN960405 vom 15. August 1997).

Bestand anfänglich zwischen den Parteien ein Auftragsverhältnis gemäss OR 394 ff. und wird anschliessend ein Arbeitsvertrag abgeschlossen, so ist gemäss Bundesgericht die Zeit des Auftragsverhältnisses an die Probezeit anzurechnen.

Kommentar

In den Fällen, in denen der Arbeitgeber mit einem bereits vorher beschäftigten Mitarbeiter einen neuen Vertrag abschliessen will, ist zwar in der Regel eine neue Probezeit nicht zulässig, doch kann schriftlich die kürzeste Kündigungsfrist von einem Monat vereinbart werden.

Weitere Informationen zur Probezeit finden Sie im «Handbuch des Arbeitgebers» in den Kapiteln II-1 und IV-II.

  • Dieser Text entstammt der Publikation «Arbeitsrecht» Nr. 51 des Centre Patronal.
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Peter Schüpbach, lic. iur., ist verantwortlicher Redaktor der Publikation «Arbeitsrecht» des Centre Patronal.