Nachfolgeregelung

So gelingt die Unternehmensübergabe

Steht die Nachfolgeregelung einmal fest, müssen der bisherige und der künftige Inhaber oder Inhaberin gemeinsam Entscheidungen für das Unternehmen treffen. Dabei sind Meinungsverschiedenheiten zu erwarten, doch eine konfliktreiche Übergabesphase vergrämt Kunden wie auch Angestellte.

In der Übergabe- beziehungsweise Übernahmephase von Unternehmen platzen oft Träume – sowohl beim bisherigen Unternehmensinhaber, als auch bei der Person, die das Zepter von ihm übernimmt. Die Ursache hierfür ist eher selten, dass der bisherige Inhaber sich zu spät mit dem Thema Nachfolgeregelung befasste, betont der Steuerberater Karsten Freyer, Freinsheim, der Unternehmen in diesem Prozess begleitet.

Viele Geschäftsinhabende befassen sich schon, wenn die ersten grauen Haare ihre Schläfen zieren, was mit dem Betrieb passiert, wenn sie aus ihm ausscheiden müssen. Heikel ist die Sache besonders bei Unternehmen, «die weitgehend von der gewachsenen Vertrauensbeziehung zu ihrer Stammklientel leben», erklärt der Organisationsberater Klaus Doll, Neustadt an der Weinstrasse. Der Nachfolger oder die Nachfolgerin zunächst mit dem Geschäft des Unternehmens und den Besonderheiten seiner Klientel vertraut gemacht sowie bei den Kunden und Kundinnen eingeführt werden. «Sonst ist die Gefahr gross, dass just das verloren geht, was weitgehend den Wert des Unternehmens ausmacht: die gewachsenen Beziehungen zu den Kunden.»

Unterschiedliche Perspektiven bewirken Konflikte

Nachdem die Unternehmensübergabe vertraglich geregelt wurde, müssen bei besagten Unternehmen bisherige und künftige Inhabende, noch einige Zeit zusammenarbeiten und das Unternehmen gemeinsam führen. Diese Übergabephase ist für alle Beteiligten keine leichte Zeit, weiss Karsten Freyer. Denn in ihr prallen ausser zwei Generationen meist auch zwei unterschiedliche Perspektiven aufeinander. Der scheidende Inhaber denkt primär daran, wie der Übergabeprozess gestaltet wird; der den künftigen Inhaber hingegen stehen Fragen zentral wie:

  • Wohin soll das Unternehmen sich mittel- und langfristig entwickeln?
  • Was ist nötig, damit das Unternehmen auch nach dem Ausscheiden des bisherigen Inhabers erfolgreich ist

Aus diesen unterschiedlichen Sichtweisen resultieren unterschiedliche Prioritätensetzungen im Arbeitsalltag.

Hinzu kommt: Alle Beteiligten müssen, wenn der Übergabeprozess beginnt, sich und ihre Rolle neu definieren, erklärt Klaus Doll. Der bisherige Inhaber, der es gewohnt ist, allein zu entscheiden, muss zum Beispiel den neuen Mit-Inhaber und künftigen alleinigen Inhaber fortan in seine Entscheidungsprozesse integrieren und ihm sukzessiv die alleinige Entscheidungsbefugnis übertragen.

Dies fällt vielen gestandenen Unternehmern schwer. Denn sie sind mit dem Unternehmen oft emotional verbunden und haben einen eigenen, erfahrungsbasierten Stil entwickelt, Herausforderungen anzugehen. Zudem haben sie meist eine dezidierte Meinung darüber, was beim Führen des Unternehmens, beim Umgang mit seinen Kunden und so weiter zu beachten ist. Der künftige Inhaber hingegen ist in ihren Augen oft noch ein unternehmerisches Greenhorn, das das Unternehmen, seinen Markt und seine Klientel noch nicht kennt, sich noch in die Unternehmerrolle einfinden muss und noch lernen muss, was geht und nicht geht.

Diese Grundeinstellung prägt häufig unbewusst die Kommunikation zwischen den beiden, weiss Stefan Bald von der Unternehmensberatung Kraus & Partner, Bruchsal. Dies führt unweigerlich zu Konflikten – speziell dann, wenn der bisherige Inhaber, sich entsprechend auch gegenüber Mitarbeitenden und Kunden äussert und so dessen Autorität untergräbt.

Frühzeitige Schlichtung und Moderation

Deshalb empfiehlt Stefan Bald in diesen Prozess einen neutralen Berater zu integrieren, der mit den Beteiligten die verschiedenen Aspekte bearbeitet, die mit jedem Übergabeprozess verbunden sind. Hierzu zählen:

  • psychologische Aspekte: Welche Erwartungen haben neuer bzw. scheidender Unternehmensführer an das Verhalten des jeweils anderen? Was ist ihnen im Übergabeprozess wichtig?
  • unternehmerische Aspekte: Inwieweit ändert sich durch die Übergabe die Kultur des Unternehmens, seine Marktposition?
  • kommunikative Aspekte: Wie kommunizieren neuer und scheidender Inhaber im Übergabeprozess miteinander, mit Kunden und mit Mitarbeitenden? Wie treffen sie Entscheidungen? Wie und wann informieren wir die Führungskräfte, Mitarbeiter, Kunden und sonstigen Stakeholder über die geplante Übergabe?

Über viele der genannten Fragen wird in geplanten Übergabeprozessen keine explizite Verständigung erzielt, weiss der Berater Doll aus Erfahrung. Erst wenn die Situation sich bereits krisenhaft zugespitzt hat, suchen sie eine externe Unterstützung. Eine Nachfolgeberatung verhindert Missverständnisse, sagt Change-Management-Berater Bald – «auch weil der Berater eine Plattform schafft, um auch heikle Themen so zu besprechen, dass für beide Seiten akzeptable und somit tragfähige Lösungen erarbeitet werden können.»

Wie eine Nachfolgeberatung abläuft:

Eine solche Beratung gliedert sich laut Doll meist in vier Phasen.

  1. Analysephase: Der Berater oder die Beraterin interviewt in 4-Augen-Gesprächen alle Beteiligten. Er klärt den Konfliktstatus und bereitet die Beteiligten auf die Klärung vor. In zugespitzten Situationen kann ein Ergebnis der Analyse auch die Einschätzung sein: Eine erfolgreiche Unternehmensübergabe ist nicht mehr möglich. Dann bereitet der Berater die Beteiligten auf ein Klärungsgespräch vor, das auf eine würdige Trennung auf Augenhöhe abzielt.
  2. Klärungsphase: In ihr führt der Berater mit den Beteiligten zum Beispiel einen Workshop durch. Er klärt mit ihnen die entstandenen Missverständnisse und schafft Raum, dass alle Beteiligten ihre wechselseitigen Erwartungen äussern. Gemeinsam erarbeiten sie, was die Erfolgsfaktoren einer Unternehmensübergabe und erzielen ein Commitment hierüber. Zudem verständigen sie sich auf die zentralen Eckpfeiler der Übergabestrategie.
  3. Planungsphase: Nun plant der Berater mit den Beteiligten die Details für das Umsetzen der Strategie. Er verständigt sich mit ihnen über die notwendigen Veränderungen und entwirft mit ihnen einen Massnahmenplan. Ausserdem erstellt er mit ihnen einen Kommunikationsplan, wie und wann die Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und sonstigen Stakeholder wie Banken über die geplanten Veränderungen informiert werden.
  4. Umsetzungsphase: In dieser Phase begleitet der Berater den aktuellen und künftigen Inhaber zum Beispiel mit Coachings beim Umsetzen der Massnahmen. Ausserdem schafft er den erforderlichen Rahmen, damit sie sich regelmässig Feedback geben und gegebenenfalls Strategieanpassungen vornehmen.
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Bernhard Kuntz

Bernhard Kuntz ist Geschäftsführer der PRofilBerater GmbH, Darmstadt. Er ist unter anderem Autor der Marketing- und PR-Ratgeber «Die Katze im Sack verkaufen», «Fette Beute für Trainer und Berater» sowie «Warum kennt den jeder?».
www.die-profilberater.de

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