Kolumne Tatort HR

Social (Media) Recruiting

Es wird zunehmend schwieriger, gut ausgebildete Mitarbeiter zu finden. Als Linderung dieses Problems wird verheissungsvoll «Social Media Recruiting» angepriesen. Die Ergebnisse davon sind allerdings meist ernüchternd.

Missverstandenes soziales Rekrutieren

Weil die Generation Y fast nur noch über «Social Media Recruiting»-Kanäle zu erreichen sei, verschicken Personalabteilungen Nachrichten an Mitarbeiter, dass sie eine Jobausschreibung auf Xing, LinkedIn, Facebook oder Twitter «liken», «sharen» oder «re-tweeten» sollen. Doch Mitarbeiter weigern sich, dieses Inserat in ihren sozialen Netzwerken zu verteilen. Die wenigen Meldungen gehen in der Flut sonstiger Mitteilungen unter.

Soziale Medien sind nicht einfach nur ein weiterer Medienkanal wie Zeitungen oder Jobbörsen. Gemäss Definition bezieht sich «sozial» auf die Interaktion von Menschen mit anderen Menschen und mit ihrer kollektiven Ko-Existenz. Diese Interaktion ist keine Einbahnstrasse. Wenn man Mitarbeiter in die Personalsuche involvieren will, dann beginnt dies bereits am Anfang – und endet nicht bei der Werbung.

Bei uns haben wir Mitarbeiter in den gesamten Prozess involviert. Sie definieren den Bedarf und auch die Ausschreibung. Wenn heute in einer Stellenausschreibung von «wir suchen» die Rede ist, so ist meist die Firma das «wir». Bei Haufe-umantis steht das Team hinter der Anzeige. Am besten funktionieren Anzeigen, bei denen man die Fotos des Teams sieht, das neue Mitarbeiter sucht (z. B. tiny.cc/teamrecruiting). Seitdem wir die Mitarbeiter auf diese Weise einbeziehen, ist das Verteilen von Stelleninseraten in sozialen Medien zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Wir müssen das gar nicht mehr einfordern – unsere Mitarbeiter machen es von selbst. Und für Bewerber ist es von Vorteil, wenn sie sehen, mit wem sie zusammenarbeiten werden.

Einstellungsentscheide fällt das Team

Bei Einstellungsentscheiden haben bei uns die Mitarbeiter das letzte Wort. Personalabteilung und Vorgesetzte treffen eine Vorauswahl als Dienstleistung für das Team. Kandidaten stellen sich im letzten Vorstellungsgespräch dem gesamten Team. Dies ist häufig recht ungewohnt für Bewerber. Aber auf diese Weise lernen sie auch das Team kennen, mit dem sie schliesslich zusammenarbeiten werden. Und sie können auch dem Team Fragen stellen, die ein gutes Bild zum Arbeitsalltag geben.

Auf diese Weise haben wir in den letzten 12 Monaten 49 von unseren knapp 150 Mit­arbeitern eingestellt. Von diesen kamen 60 ­Prozent über persönliche Empfehlungen. Dies ist eine Quote, die sich sehen lassen kann. Aber dies geht halt nur, wenn man nicht «Social ­Media ­Re­cruiting» betreibt, sondern «Social Recruiting».

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Hermann Arnold ist Mitgründer und Verwaltungsratspräsident der Haufe-umantis AG, eines 
Anbieters von Talent- und Leistungsmanagement-Software.

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