Arbeit und Recht

Stolpersteine bei der ordentlichen Kündigung

Die Fallstricke beim Aussprechen einer ordentlichen ­Kündigung werden von Arbeitgebern oft übersehen. Fehler beim Vorgehen können teuer zu stehen kommen.

Im Anwendungsbereich des Obligationenrechts (OR) kann ein Arbeitsverhältnis grundsätzlich aus beliebigen Gründen gekündigt werden, sofern die Kündigungsfristen und -termine gewahrt werden («ordentliche Kündigung», Art. 335 ff. OR). Einzig missbräuchliche Gründe werden vom Gesetz sanktioniert (Art. 336 OR). Mit anderen Worten herrscht eine weitreichende Kündigungsfreiheit. ­Daneben kann eine Auflösung auch fristlos (mit sofortiger Wirkung) erklärt werden (Art. 337 ff. OR). Eine solche «ausserordentliche Kündigung» ist indes nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig. Zudem ist sie in der Regel spätes­tens zwei bis drei Tage nach Kenntnisnahme des Grundes zu erklären und bedarf unter Umständen einer vorherigen Abmahnung des Arbeitnehmers. All dies gilt freilich nur im Anwendungsbereich des OR; im öffentlichen Personalrecht stellt sich die Rechtslage anders dar (vgl. die nebenstehende Urteilsbesprechung).

Trotz Kündigungsfreiheit sind die Anforderungen an ein rechtlich korrektes Vorgehen auch bei einer ordentlichen Kündigung nicht zu unterschätzen. Unterlaufen dem Arbeitgeber Fehler, kann dies unerfreuliche Folgen haben: Die Kündigung wird nicht oder erst später als erwartet wirksam, der Arbeitnehmer empfindet das Vorgehen als missbräuchlich oder droht mit einem Rechtsstreit. Im Folgenden werden verschiedene Fallstricke aufgezeigt, die ein Arbeitgeber zu gewärtigen hat, wenn er eine ordentliche Kündigung anstrebt.

Inhaltlich ist der Wille zur Kündigung klar und eindeutig zum Ausdruck zu bringen. Andernfalls droht die Unwirksamkeit der Kündigung. Ungenügend sind etwa blosse Absichtsbekundungen; sogar die Formulierung «jetzt muss ich Sie entlassen» wurde in der Praxis als unzureichend betrachtet.

Ist eine Kündigung per SMS zulässig?

Auszugehen hat die Kündigung von einer Person (oder von einer Mehrheit von Personen), die über eine hinreichende Vertretungsmacht verfügt, um für das arbeitgebende Unternehmen zu handeln. Deshalb kann es zum Beispiel problematisch sein, wenn die Kündigung durch eine bloss kollektiv zeichnungsberechtigte Person alleine ausgesprochen wird. Bei Konzernverhältnissen ist darauf zu achten, dass die Kündigung im Namen der zutreffenden Konzerngesellschaft und durch eine hierfür zuständige Person erklärt wird. Immerhin kann ein Mangel in der Vertretungsmacht unter Umständen durch eine nachträgliche Genehmigung geheilt werden, sofern diese von einer zuständigen Person ausgeht. Dem Bundesgericht zufolge entfällt aber die Möglichkeit einer Heilung, sobald der Arbeitnehmer den Mangel entdeckt. Die Kündigung muss demnach erneut ausgesprochen werden.

Formvorschriften für die Kündigung enthält das OR nicht. Wurde keine besondere Form vereinbart, kann an sich ein beliebiges Kommunikationsmittel gewählt werden (zum Beispiel mündliche Mitteilung, SMS, E-Mail). Aus Beweisgründen empfiehlt sich aber, die Kündigung in allen Fällen (auch) in Schriftform zu erklären. Schreibt der Arbeitsvertrag eine schriftliche Kündigung vor, ist nach gesetzlicher Vermutung nur eine in dieser Form erklärte Kündigung wirksam.

Eine Begründung muss die Kündigungs­erklärung zwar nicht enthalten. Der Arbeitnehmer hat aber das Recht, eine schriftliche Begründung zu verlangen (vgl. Art. 335 Abs. 2 OR). Nach der Rechtsprechung bedarf es bei einer ordentlichen ­Kündigung dem Grundsatz nach auch keiner ­vor­gängigen Anhörung oder Verwarnung des Arbeitnehmers.

Einschreiben ratsam

Von Bedeutung ist auch der Zeitpunkt, zu welchem der Zugang der ordentlichen Kündigung beim Arbeitnehmer erfolgt. Danach bestimmt sich nämlich, ob die anwendbaren Kündigungsfristen und -termine gewahrt wurden. Trifft eine Kündigung verspätet ein, wird in der Regel zu vermuten sein, dass eine Auflösung auf den nächs­ten zulässigen Zeitpunkt hin beabsichtigt ist. Für den Zugang wird darauf abgestellt, wann der Inhalt der Erklärung vom Empfänger zur Kenntnis genommen werden konnte bzw. wann eine solche Kenntnisnahme erwartet werden durfte.

Im Idealfall wird eine Kündigung dem Arbeitnehmer persönlich eröffnet, unter Übergabe eines Kündigungsschreibens. Ein solcher Zugang kann mittels schriftlicher Empfangsbestätigung oder durch den Beizug von Zeugen beweismässig festgehalten werden.

Kann die Kündigung dem Arbeitnehmer nicht persönlich eröffnet werden, versendet der Arbeitgeber normalerweise ein Kündigungsschreiben per Einschreiben, was aus Beweisgründen als ratsam erscheint. Ist der Arbeitnehmer beim ­Zustellversuch nicht anwesend und legt ihm der Postangestellte deshalb eine schriftliche Ab­holungseinladung in den Briefkasten, wird die ­Sendung im Regelfall als zugegangen betrachtet, sobald sie auf der Poststelle zur Abholung bereit liegt. Dies ist normalerweise am Tag nach dem Zustellversuch der Fall.

Das gilt aber nicht, wenn die Zustellung während der Ferien des Arbeitnehmers erfolgt. Eine solche Zustellung ist zwar nicht zwingend unwirksam. Es besteht aber unter Umständen das Risiko, dass der Zugang als erst nach Ablauf der Ferien erfolgt betrachtet wird.

Probleme bereiten können auch die in Art. 336 c Abs. 1 OR statuierten Sperrfristen, die namentlich durch Militär-, Schutz- und Zivildienst, Krankheit, Unfall und Schwangerschaft ausgelöst werden können. Eine während einer solchen Sperrfrist zugegangene ordentliche Kündigung ist nichtig, der Arbeitgeber müsste also nach Ablauf der Sperrfrist erneut kündigen. Wird die Sperrfrist erst nach Aussprechen der Kündigung ausgelöst, bleibt die Kündigung wirksam, doch wird der Ablauf der Kündigungsfrist während der Sperrfrist gehemmt (Art. 336 c Abs. 2 OR).

Zu beachten ist, dass die Auslösung einer Sperrfrist in der Regel nicht voraussetzt, dass der Arbeitgeber über die betreffenden Sachumstände informiert wurde. So ist eine Kündigung nichtig, wenn der Arbeitnehmer beim Zugang krank war, auch wenn eine Krankheitsmeldung an den Arbeitgeber unterblieben ist. Nicht ausgeschlossen ist aber, dass das Unterlassen einer gebotenen Mitteilung zu einer Schadenersatzpflicht des Arbeitnehmers führt. Zu denken ist etwa an den Fall, dass der Arbeitnehmer eine anstehende ­Militärdienstpflicht nicht offenlegte und es dem Arbeitgeber dadurch verunmöglicht wurde, rechtzeitig eine Ersatzperson einzustellen.

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Philipp Meier Schleich ist Rechtsanwalt und Partner bei Bühlmann Koenig & Partner. Er berät und vertritt Unternehmen und Privatpersonen in allen arbeitsrechtlichen Belangen.

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