Mitarbeiterumfragen

Strategiebezug macht Umfragen zu echtem Führungsinstrument

Mit der Durchführung einer Befragung und entsprechender statistischer Auswertungen ist zunächst noch wenig erreicht. Die Befragung muss klar als Führungsinstrument für die Geschäftsleitung und die Linie positioniert werden, damit die vorhandene Dynamik im Follow-up zur Einleitung der Veränderungen erhalten bleibt. Sechs Empfehlungen zur Durchführung.

Ein methodisch korrekter Fragebogen, eine gut geplante Durchführung und statistisch adäquate Verfahren zur Ermittlung der wichtigsten Ursache/Wirkung-Zusammenhänge sind Voraussetzungen für eine aussagekräftige Befragung. Was geschieht aber nach deren Abschluss? Wichtig ist, dass die Unternehmung die Ergebnisse als Ausgangspunkt für Veränderungen nutzt, die unterschiedliche Themen betreffen und auf mehreren Führungsebenen positiv wirken. Um diese Wirkung zu erreichen, muss die Befragung als Führungsinstrument von Geschäftsleitung und Linie positioniert werden. Wie lässt sich dies erreichen? Die folgenden Empfehlungen zeigen, was für eine umsetzungsorientierte Positionierung der Mitarbeiterumfrage notwendig ist.

1. Fragebogeninhalte auf Führung und Strategie ausrichten

Resultate zur Zufriedenheit, zum Commitment und zum Engagement von Mitarbeitenden alleine reichen nicht aus, um mit einer Befragung die nötigen Veränderungsprozesse auszulösen. Für Veränderungen muss die Befragung zusätzliche Informationen liefern: Die Erhebung soll einfach verständliche, für die direkte Führung relevante Fragen enthalten und strategisch orientierte Kennzahlen liefern. Hierzu braucht es im Fragebogen einerseits die richtigen Fragen zum Arbeitsumfeld, zur Personalentwicklung, zum Arbeitsinhalt, zur Zusammenarbeit, zu materiellen Anreizen usw.  Fragen also, welche die direkte Arbeitssituation der Mitarbeitenden betreffen und von der Linie beeinflusst werden können.

Andererseits braucht es Fragen, welche die indirekten Rahmenbedingungen erfassen, in denen Mitarbeitende arbeiten. Wir verstehen darunter vor allem Fragen, welche die in der Strategie festgehaltenen Parameter abbilden. Dies sind einfache, konkretisierte Fragen zu strategischen Zielsetzungen, Führung, Kultur, Strukturen und Prozessen. Mit diesen beiden Fragebereichen sind die Voraussetzungen erfüllt, damit Mitarbeitende ihre Leistung fürs Unternehmen im Fragebogen wiedererkennen und die Befragung akzeptieren. Zudem lässt sich damit ermitteln, ob die Befragten letztlich strategieorientiert denken und handeln. Antworten auf letztere Frage interessieren vor allem die oberen Führungsebenen und unterstützen diese in ihrer strategischen Arbeit.

2. Rollen der Akteure definieren

Eine Mitarbeiterumfrage hat mehrere Akteure. Primär sind dies das HRM oder andere Dienstleister wie die Organisationsentwicklung sowie die Führungskräfte und die Mitarbeitenden. Das HRM übernimmt häufig die Rolle des Fachpromotors bei der Konzeption und Durchführung. Im Follow-up unterstützt das HRM die Linie bei der Diskussion und Interpretation der Ergebnisse im Team – zum Beispiel durch die Moderation von Massnahmenworkshops oder Gruppeninterventionen – sowie bei der Umsetzung und Erfolgskontrolle der Massnahmen. Die Linie soll mit dieser Unterstützung die Ergebnisse selbständig reflektieren und Massnahmen ableiten können. Die oberste Führung übernimmt die Rolle des Machtpromotors und gibt den anderen Rollenträgern wie HRM und Linie den entsprechenden Rückhalt. Diesen erhalten sie vor allem dann, wenn die Befragung den Beitrag der einzelnen Mitarbeitenden zur Umsetzung der strategischen Zielsetzungen aufzeigt. Benchmarks vergleichbarer Firmen unterstützen ebenfalls den Rückhalt der oberen Führung.

Die Linie übernimmt die Aufgabe des Prozesspromotors. Hierzu muss sie zuerst auf ihre neue Rolle als Umsetzerin vorbereitet und befähigt werden. Sonst besteht die Gefahr, dass die Befragung von der Linie als reines Instrument des HRM wahrgenommen wird und sie sich von den Resultaten distanziert. Hierzu dienen Informationsmassnahmen bereits im Vorfeld der Befragung zu den Aufgaben und Kompetenzen der Linie im Follow-up. Insbesondere soll das HRM den Beteiligten möglichst frühzeitig «Prozesssicherheit» vermitteln, indem die Unterstützungsfunktion des HRM und deren Inhalte klar kommuniziert werden und erklärt wird, was die Führungskräfte erwartet und wo sie Antworten auf Fragen und Hilfe bei Problemen erhalten.

3. Erwartungshaltung steuern

Die Erwartungen an eine Befragung sind vielfältig, oft sehr hoch und werden mit der Annahme verknüpft, dass sich das HRM um den Follow-up und um die Massnahmen kümmert. Das HRM muss die Erwartungshaltung der Akteure an die Befragung frühzeitig steuern und Möglichkeiten und Grenzen von Befragungen klar aufzeigen. Im Idealfall gelangt die folgende Botschaft an die Linie: Die Umfrage ist Grundlage zur Lösungsfindung und nicht die Lösung selber. Mitarbeiterbefragungen sind ein Führungsinstrument und kein HR-Instrument.

4. Massnahmen und Instrumente in bestehende Prozesse einbinden

HR stellt sicher, dass die im Follow-up eingesetzten Instrumente und abgeleiteten Massnahmen in bestehende HR-Prozesse eingebunden werden. Dies kann beispielsweise die Einbettung von Massnahmen ins Mitarbeitergespräch in Form von Zielsetzungen, die Berücksichtigung von Kennzahlen aus der Befragung im HR-Controlling oder die Integration der Ergebnisse in der Gestaltung der Führungsausbildung sein.

5.Resultate rasch und managementgerecht zur Verfügung stellen

Die Resultate müssen nach Abschluss der Befragung rasch vorliegen. Die vorhandene Dynamik, welche bei der Konzeption und Durchführung entstanden ist, soll unbedingt für den Follow-up erhalten bleiben. Die Linie soll die Resultate in attraktiver und einfach verständlicher Form aufbereitet erhalten. Leicht verfügbare Zusatzinformationen zur Interpretation und Ableitung von Massnahmen sind unabdingbar. Zugriffsgesteuerte Downloadsysteme können die HR-Bereiche und die Linie beim Handling mit den Resultaten entlasten.

6. Wirkung der Massnahmen messen

Die Motivation der Linie, eine positive Wirkung im eigenen Team zu erzeugen ist vor allem dann gross, wenn die Resultate betroffen machen, intern eine Diskussion auslösen und daraus Schlüsse gezogen werden. Sie ist noch grösser, wenn schon im Vorfeld der Befragung klargestellt wird, dass nach einer gewissen Zeit eine Wirkungskontrolle stattfindet. Diese kann auf unterschiedliche Art erfolgen: zum Beispiel durch eine Wiederholung der Befragung, qualitative Interviews oder Einbezug der Thematik in Mitarbeitergespräche.

Diese Schritte sind wichtige und oft vergessene Massnahmen, die den Erfolg des Follow-up begünstigen. Die Befragung soll als Dienstleistung für Geschäftsleitung und Linie wahrgenommen werden, die einen bedeutenden Nutzen stiftet. Ansonsten kann sie zu einer regelmässig wiederkehrenden Übung verkommen, ohne eine positive Wirkung zu erzielen.

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Adrian Blum ist in der Geschäftsleitung der empiricon AG für Personal- und Marktforschung, Bern. Das Unternehmen ist spezialisiert auf die Konzeption und Durchführung von Mitarbeiterumfragen in Unternehmungen unterschiedlichster Branchen und Grössen.
www.empiricon.ch.

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Dr. Robert Zaugg ist in der Geschäftsleitung der empiricon AG für Personal- und Marktforschung, Bern. Das Unternehmen ist spezialisiert auf die Konzeption und Durchführung von Mitarbeiterumfragen in Unternehmungen unterschiedlichster Branchen und Grössen.
www.empiricon.ch.

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