Nachfolgeplanung

Wenn die Zeit des Patrons abgelaufen ist – Eine kleine Firma wird verkauft

Ein Unternehmer will die Zukunft seiner Firma sichern. Wie kann das aussehen? Der 64-jährige Willi Joller entschied sich, mit Hilfe eines auf Nachfolgeregelungen spezialisierten Büros seine Firma Swiss Frigo AG zu verkaufen – und weiterhin als Mitarbeiter tätig zu sein. Für einen möglichst reibungsfreien Ablauf gilt es allerdings einige Regeln zu beachten.

«Vor zwei Jahren habe ich beschlossen, einen Nachfolger für mein Unternehmen zu suchen, damit die Zukunft meiner elf Mitarbeitenden und auch die der vier Lernenden gesichert ist», erzählt der heute 64-jährige Willi Joller. 1979 hat Joller die Firma Swiss Frigo AG gegründet, ein Unternehmen, das fertige Bauteile für Kälte- und Klimatechnik herstellt. Die Möglichkeit, sein Unternehmen familien
intern weiterzugeben, habe für ihn nicht bestanden, erklärt er. Es blieb nur der Verkauf.

Um diesen in die Wege zu leiten, beauftragte Joller die Dr. Nägeli & Partner AG, die auf Nachfolgeregelungen von Unternehmen und Erbschaftsangelegenheiten von Privatpersonen spezialisiert ist. Sie schätzte und dokumentierte die Firma. «Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, einen Verkauf aufzugleisen», erklärt David Dahinden, Mitarbeiter bei Nägeli & Partner sowie Mandatsleiter. «Die passive Variante besteht darin, Online-Plattformen oder Zeitungsinserate zu nutzen. Bei der aktiven Variante gehen wir potenzielle Investoren, auch Konkurrenten, direkt an.»

Wichtigstes Kriterium: Der Neue muss die Mitarbeiter übernehmen

Willi Joller hat sich für die passive Variante entschieden und damit auch Erfolg gehabt. Acht Leute konnte Dahinden dem Firmeninhaber als mögliche Nachfolger präsentieren. «Wir machen die Vorselektion und stellen den Firmeninhabern nur Leute vor, die den richtigen fachlichen Rucksack haben, kaufkräftig genug sind und mit den vom Käufer gewünschten Kriterien übereinstimmen», sagt Dahinden.

Für Willi Joller war vor allem ein Kriterium entscheidend: dass der Käufer seine Mitarbeiter übernimmt. «Ansonsten war mir wichtig, dass er gut kommunizieren kann und die Chemie zwischen uns stimmt.» Denn schliesslich wollte sich Joller nicht pensionieren, sondern noch ein paar Jährchen mitarbeiten, einfach nicht mehr als Chef.

«Es war durchaus auch mein Wunsch, dass Willi Joller weiter arbeitet, und es funktioniert auch sehr gut», sagt Toni Egli, seit dem 1. Mai 2010 neuer Inhaber der Swiss Frigo AG. «Denn einerseits ist Willi Joller mit Herzblut dabei und andererseits sind für mich sein riesiges Kontaktnetz und seine persönlichen Beziehungen unbezahlbar wichtig.»

Der 40-jährige neue Inhaber strebte die Eigenständigkeit an, weil er selber handeln, Entscheidungen treffen und für diese auch die Verantwortung tragen wollte. Dabei sind ihm die Ratschläge des älteren Ex-Chefs durchaus willkommen. Aber: «Ich habe das letzte Wort und für Willi Joller ist es auch kein Problem, wenn nicht alles in herkömmlicher Weise weitergeführt wird.» Er habe zwar eine sehr profitable Firma übernommen und der Erfolg zeige, dass Joller es richtig gemacht habe, dennoch wolle er gewisse Dinge professionalisieren.

So hat Egli beispielsweise Mitarbeitergespräche und eine verbesserte Kommunikation über Grossaufträge eingeführt. Neu gibt es auch einen Verwaltungsrat: Das sind vier Leute, darunter auch Willi Joller, die auf Mandatsbasis arbeiten und dem jungen Inhaber Tipps und Unterstützung geben. Der ehemalige Firmeninhaber seinerseits gibt seinem Nachfolger freie Hand: «Wenn man seinen Betrieb verkauft, muss man sich auf Neues einlassen. Mit einem anderen Inhaber kommen neue Gedanken, da muss man nicht die festgefahrenen Dinge weiterführen wollen, sonst funktioniert die Zusammenarbeit nicht.» Im übrigen sei er froh, nicht mehr Chef zu sein: «Ich war lange genug dabei und Toni Egli macht es gut. Er kümmert sich mehr um das Unternehmerische und ich kann weiterhin als Mitarbeitender auf Montage gehen.»

Die Aufgaben und Kompetenzen müssen klar geregelt sein

Und genau das hat Joller seit der Gründung des Unternehmens auch sehr gerne getan – so gut, dass die Firmenübergabe bei den Kunden keine Überraschung auslöste: «Viele wussten wohl gar nicht, dass ich der Chef war, weil ich immer mitgearbeitet habe», sagt Joller.

Der neue Firmeninhaber geht zwar auf Montage mit, aber nur um die Materie und Technik zu verstehen. Für ihn ist klar: «Meine Hauptaufgaben liegen mehr im strategischen Bereich, für das operative Geschäft sind gute Mitarbeitende angestellt.» Egli versteht zwar viel von der Kältetechnik, da er selber während Jahren auf diesem Gebiet gearbeitet hat, dennoch möchte er eine gesunde Distanz zwischen Chef und Mitarbeitenden haben – eine Distanz, die zwischen Joller und den Mitarbeitenden etwas zu klein war, weil er, wie Joller selber erzählt, immer einer von ihnen gewesen ist.

Die Konsensbereitschaft bei 
einem Firmenverkauf ist essenziell

Der Verbleib des ehemaligen Unternehmers in der verkauften Firma ist eine der beiden grossen Problematiken bei Firmenübernahmen, wie David Dahinden aus Erfahrung weiss. «Es gibt zwei Unternehmertypen. Die einen wollen möglichst schnell verkaufen und nichts mehr vom Unternehmen wissen. Das sind oft Leute, die gesundheitlich oder psychisch an der Grenze sind. Die anderen möchten eine langsame Übergabe und noch ein oder zwei Jahre mitarbeiten. In diesem Fall ist es ganz besonders wichtig, dass man die Funktionen exakt regelt und festhält», sagt Dahinden.

Ein weiteres typisches Problemfeld seien die Preis- und die Wertfrage. «Hier gibt es oft eine Diskrepanz in der Perspektive», so Dahinden. Für den Verkäufer gebe es einen emotionalen Wert, der sehr viel höher sei als der eigentliche Preis. Der Interessent hingegen richte sein Augenmerk vor allem auf das zukünftige Potenzial einer Firma und weniger darauf, was in den letzten zwanzig Jahren gelaufen ist. «Wenn einem Unternehmer wichtig ist, dass sein Lebenswerk sicher weitergeführt wird und die Mitarbeitenden ihre Stellen behalten können, so kommt er dem Käufer im Preis oft entgegen. Und diese Konsensbereitschaft ist für einen Unternehmensverkauf 
essenziell.»

Ein solcher Verkauf dauert in der Regel zwischen sechs und zwölf Monaten, sobald aktiv nach Nachfolgern gesucht wird, erklärt Dahinden. «Wenn ein Unternehmen zu lange auf dem Markt ist, hat das negative Einflüsse auf seine Reputation.» Bei Swiss Frigo AG dauerte der Verkauf beinahe ein Jahr: Am 27. Juli habe er das Inserat gesehen, sagt Egli, am 
23. Dezember wurden die Vorverträge unterschrieben und am 1. Mai fand die offizielle Übergabe statt.

Die Dr. Nägeli & Partner AG begleitet jährlich etwa 15 bis 20 Firmenverkäufe. Dabei hat David Dahinden eine Veränderung festgestellt: «Die Unternehmer machen sich mehr Gedanken über die Nachfolgeregelung als noch vor etwa sechs Jahren. Viele überlegen sich schon mit 58 oder 60 Jahren mögliche Szenarien der Firmenübergabe – oft mit dem Hintergedanken, weiterhin mittun zu können.»

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