HR Today Nr. 11/2016: swissstaffing-News

Zwei Modelle

Mit «Spitex für Stadt und Land» und «Pro Senioris» präsentieren wir zwei Beispiele privat geführter Firmen, die mit Personalverleih in private Haushalte auf einen Zukunftsmarkt setzen.

Spitex für Stadt und Land

Markus Reck, ursprünglich Betriebsökonom und in der Kommunikation tätig, hat sich vor rund acht Jahren entschieden, in die Spitex-Branche einzusteigen, und die Chance erhalten, die Spitex für Stadt und Land zu führen. Unter dem Titel «Spitex – zwischen Staat und Markt» hat er das erste Buch über die Branche veröffentlicht. Warum Spitex? Dazu erklärt er: «Ab einem gewissen Alter habe ich nach mehr Sinnhaftigkeit im Arbeitsleben gesucht. Pflege und Betreuung von älteren, kranken, verunfallten und behinderten Menschen haben einen enorm grossen gesellschaftlichen Wert.»

Über 1800 Mitarbeitende sind zurzeit für die grösste private Spitex mit dem Namen Spitex für Stadt und Land tätig. Rund um die Uhr und an 365 Tagen im Jahr kümmern sie sich um die Pflege, Betreuung und Hilfe im Haushalt der Kunden. Die älteste Kundin ist 104 Jahre alt und wohnt immer noch allein im eigenen Haus. Obwohl die weitaus meisten Kunden Senioren sind, pflegt und betreut die Spitex für Stadt und Land auch Kranke nach einem Spitalaufenthalt, verunfallte oder behinderte Menschen – und zwar von Basel bis Chiasso und von Genf bis St. Margrethen.

1983 in Bern gegründet, ist das Unternehmen mittlerweile mit 40 Filialen und Regionalstellen in der ganzen Schweiz vertreten. Ein grosser Vorteil des Geschäftsmodells der Spitex für Stadt und Land ist der Service aus einer Hand. Die Spitex für Stadt und Land arbeitet mit Partnern wie der öffentlichen Spitex, spezialisierten Pflegediensten wie Onko-Spitex oder Palliative Care zusammen, bietet aber alle Pflege- und Betreuungsleistungen auch selbst an. Der Vorteil: Bezugspflege und -betreuung, die keine oder wenig Personalwechsel in den Einsätzen zum Ziel hat. Markus Reck betont: «Wir sind eine typische Spitex – jedoch privatwirtschaftlich und richten uns nach den Bedürfnissen, Gewohnheiten und auch Wünschen unserer Kundschaft.» Als Spitex müssen sie hohe Qualitätsstandards erfüllen,  haben eine eigene Qualitätsverantwortliche und führen intern regelmässig Audits durch. Was die Qualität und die Fähigkeiten des Personals in Pflege und Betreuung angeht, muss sich die Spitex für Stadt und Land nach dem nationalen Administrativvertrag der Spitex richten und rekrutiert Mitarbeitende nur in der Schweiz. Sie sind die wichtigste Ressource für ein Unternehmen. Das weiss auch Markus Reck: «Ein guter Lohn, Wertschätzung, interne Begleitung und Förderung sind heute Grundvoraussetzungen. Wir möchten ja, dass unsere Mitarbeitenden in ihrem Beruf bleiben.»

Pro Senioris

Ein eigenes Familienschicksal hat Nadja Meyer 2013 dazu bewogen, Pro Senioris zu gründen. Ihre langjährige Erfahrung im Sozialwesen, im HR und in der Vermittlung gaben ihr das richtige Rüstzeug. Auch verfügte sie bereits über Betreuungserfahrung von benachteiligten Personen und war bei Pfarrer Sieber tätig. Ihre eigenen Erfahrungen haben sie gelehrt, dass die Organisation und die Arbeitsbedingungen in der Seniorenbetreuung noch viel Verbesserungspotenzial haben. Mit der Dienstleistung «Live-in» verleiht Pro Senioris Seniorenbetreuungskräfte zur 24-Stunden-Betreuung in private Haushalte. Dabei werden Qualität und Persönlichkeit grossgeschrieben. Nadja Meyer hat zurzeit 17 Betreuer und Betreuerinnen im Einsatz. Die Betreuungskräfte können sich direkt bei Pro Senioris bewerben und kommen meist aus Polen, der Slowakei und Ungarn. Per Telefon oder Skype interviewt sie die Mitarbeitenden und fühlt ihnen auf den Zahn. Wichtig für sie ist, dass bereits Referenzen und gute Deutschkenntnisse vorhanden sind und das Strafregister einwandfrei ist. Viele Betreuerinnen haben einen Pflegekurs absolviert oder zuvor als Krankenschwester gearbeitet, obwohl dies für die Betreuungstätigkeit nicht nötig wäre. Dank ihrer Erfahrung mit Menschen kann Nadja Meyer rasch herausspüren, ob die Personen den Job gerne machen oder ob vor allem der finanzielle Aspekt zählt. Denn schliesslich steht das Menschliche im Vordergrund und es können mitunter wunderbare Beziehungen entstehen. So ist etwa zwischen einer an Demenz erkrankten Kundin und einer Betreuerin eine besondere Freundschaft entstanden. Gemeinsam machen sie Ausflüge oder gehen ins Thermalbad; sie verstehen sich prächtig. Schwierig empfindet Nadja Meyer, das arbeitsrechtliche Gleichgewicht zwischen Arbeitszeit und Freizeit zu kontrollieren und einzufordern. Oftmals erwarten die Kunden und deren Angehörige, dass eine 24-Stunden-Betreuungskraft auch 24 Stunden arbeitet. Das ist aber weder gesund noch legal. Auch Ferien sind wichtig. Deshalb kann ein Kunde nicht nur von einer Person betreut werden, sondern benötigt auch eine Ferienvertretung. Eine sorgfältige Rekrutierung, persönliche Bedarfsklärung mit dem Kunden oder den Angehörigen und regelmässige Qualitätskontrollen sind zentral.

Für Nadja Meyer ist kein Tag wie der andere: «Jeden Tag dürfen wir helfen und verschiedene Menschen und Lebengeschichten kennenlernen. Das macht unsere Arbeit so wertvoll.»

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Julia Bryner ist Leiterin Operations & Mitgliederservices bei swissstaffing.

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