Zwischen Handballfeld und Banklehre
Junge ambitionierte Sportlerinnen und Sportler stehen mit dem Berufseintritt vor einem Dilemma. Auf den Berufsweg oder die Sportkarriere setzen? Die Zürcher Kantonalbank hat sich gesagt: Da muss doch beides möglich sein. Und es funktioniert, wie Handballerin Elisa Accaria zeigt.
Elisa Accaria balanciert erfolgreich zwischen sportlichem Ehrgeiz und beruflicher Ausbildung. (Bild: zVg)
Die Zahl 7 bewegt die Menschen. Ob Weltwunder, Regenbogen oder Todsünden. Alles dreht sich um die Zahl 7. James Bond machte sie zusammen mit zwei Nullen zu seinem Markenzeichen, und Cristiano Ronaldo wurde mit CR7 zum Fussballmilliardär. Und im Handball ist der Siebenmeter fast schon ein Torgarant.
Auch für Elisa Accaria hat die Zahl 7 eine besondere Bedeutung. Sie begleitet sie seit Beginn ihrer sportlichen Laufbahn. Elisa spielt Handball. Bei «Yellow Winterthur» und in der italienischen Nationalmannschaft. Immer mit der 7 auf dem Leibchen.
Die 17-jährige Winterthurerin ist im zweiten Lehrjahr. Die temperamentvolle junge Frau mit italienischen Wurzeln macht eine kaufmännische Ausbildung bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Sie ist eine von 280 Lernenden. Und eine von 22, für die vor vier Jahren eine ganz besondere Lehre konzipiert wurde: Lehre+Sport.
Lehre und Sport vereint
Petra Düsel-Rüfenacht, Co-Lead Young Talents bei der ZKB, ist die Frau hinter der Idee. «‹Ambitioniert. Ambitionierter. Ambitionierterer.› So heisst einer der vier Slogans unserer Arbeitgeberkampagne ‹Mehr für mehr Karriere›. Das trifft unsere Motivation perfekt auf den Punkt. Denn Ambition ist für uns ein wichtiger Treiber unserer Kultur. Darum und weil wir totale Fans der Schweizer Berufsbildung sind, wollten wir für ehrgeizige Sportlerinnen und Sportler eine Plattform schaffen, damit sie Berufslehre und Leistungssport unter einen Hut bringen können.»
Ende 2021 wurde das Konzept verabschiedet, und im Frühling 2022 wurden die ersten Verträge unterschrieben.
«Ich finde es wichtig, dass Sporttalente wie Elisa mit einer guten Ausbildung ein starkes berufliches Fundament haben», sagt Düsel-Rüfenacht. «Sie sollen nicht alles auf eine Karte setzen müssen. Denn nur die wenigsten werden von ihrem sportlichen Traum leben können, selbst wenn sie es an die Spitze schaffen. Wir haben bei uns viele Talente aus Randsportarten wie Unihockey, Leichtathletik, Volleyball oder Schwimmen. Da fliessen in unserem Land nicht die grossen Gelder.» Auch bei Elisa ist das so: Im Frauenhandball können selbst die Besten in der Schweiz nicht vom Sport leben. Hinzu kommt das Risiko von Verletzungen oder dass der sportliche Ehrgeiz angesichts der Mehrfachbelastung verloren geht. Dann soll man nicht mit leeren Händen dastehen.
Mit ihrem Konzept Lehre+Sport will die ZKB ehrgeizige Talente fördern. Das «+» im Namen ist Programm: Beruf und Leistungssport sollen vereinbar sein. Die Unterschiede zur regulären KV-Lehre liegen vor allem in den organisatorischen Rahmenbedingungen. Damit Training, Wettkampf und Lehre zu einem Dreamteam werden, braucht es eine Extraportion Flexibilität. Und ein Umfeld, das das Ganze mitträgt. Darum suchen die Berufsbildungsverantwortlichen der ZKB schon im Vorfeld das Gespräch mit den Eltern der Athletinnen und Athleten und ihren Sportvereinen. Die Vereinbarungen werden in einem Zusatz zum Lehrvertrag festgehalten, den alle Beteiligten unterschreiben.
Vom Schüeli in die Junioren-Nati
Dieses Paket kommt an. Und es spricht sich herum. So auch bei Elisa, die zuvor schon in Winterthur eine auf Leistungssport ausgerichtete Sekundarschule («Sportsek») besuchte. Die Möglichkeit, sportliche und berufliche Ambitionen unter einen Hut zu bringen, war letztlich ausschlaggebend dafür, dass sie sich für die ZKB als Lehrbetrieb entschied. Dass es eine Bank sein sollte, stand für sie bereits fest, als sie ihre Mutter beim Zukunftstag in der UBS besuchte. Den Ausschlag für die ZKB gab schliesslich ein Besuch am ZKB-Stand an einer Berufsmesse. «Ich wurde dort sehr gut beraten, auch über das Angebot Lehre+Sport. Andere Banken, die für mich auch in Frage gekommen wären, hatten dieses Angebot nicht», blickt Elisa zurück.

Elisa Accaria spielt auch für die italienische Nationalmannschaft. (Bild: zVg)
Zum Handball kam Elisa relativ spät, erst in der vierten Klasse. In der Vorbereitung auf ein «Schüeliturnier» entdeckte sie ihre Freude am Handball und Trainer der «Seen Tigers» ihr Talent. Warum ausgerechnet dieser schnelle, harte Sport? «Ich brauchte etwas, in dem ich mich austoben und meine Energie kanalisieren kann», sagt Elisa.
Kaum im Verein, ging es Schlag auf Schlag. Meist war sie den gleichaltrigen Mädchen voraus. Mit elf wurde sie dann im Sichtungstraining der Organisation von «Pfadi Winterthur» entdeckt und spielte fortan in der U13 der Jungs. Mit 13 spielt sie dann schon in der U16 von «Yellow Winterthur».
Wichtige Skills erworben
«Ich war stets eine der Jüngsten. Das war hart, aber ich profitierte auch schnell und viel.» Jetzt spielt sie, der eine aussergewöhnliche Spielübersicht nachgesagt wird, ihr letztes Jahr als Juniorin. Ein absolutes Highlight war die Nominierung für die Junioren-Nationalmannschaft Italiens, der Heimat ihrer Eltern.
Mit dieser Entwicklung verbunden sind viel hartes Training und so manche Entbehrung. Ihre Wochenagenda sieht meist so aus: vier Hallentrainings, zwei Athletiktrainings und einmal Regeneration. Und am Wochenende steht dann ein Ernstkampf an.
Abhängen mit Freundinnen im «Mäc» liegt da wohl nicht drin, oder Elisa? «Nein, wirklich nicht», sagt die sympathische Seconda mit einem Lachen. «Ein trainingsfreier Montag ist da schon das höchste der Gefühle. Oder nach dem Match etwas mit den Kolleginnen unternehmen, das liegt auch schon mal drin. Aber grundsätzlich ist meine Woche voll durchgetaktet, da bleibt kaum Zeit für Spontanes. Darum führe ich auch zwei Agenden, eine auf dem Smartphone und eine auf Papier.»

Kombiniert KV-Lehre und Handball: Elisa Accaria (rechts) mit Petra Düsel-Rüfenacht, Co-Lead Young Talents bei der Zürcher Kantonalbank. (Bild: zVg)
Schon früh musste sich Elisa Skills antrainieren, die auch im Berufsleben wichtig sind: Zeit einteilen und mit vielen Terminen gleichzeitig jonglieren Prioritäten setzen und verzichten können Sich Ziele setzen und diese mit eiserner Disziplin verfolgen Feedback, oft auch sehr direktes, annehmen Selbstreflexion und selbstkritisch sein
Jetzt kommt also zusätzlich zum Sport die Lehre dazu. Ein Schritt, der für viele junge Menschen kein Zuckerschlecken ist. So auch für Elisa. «Die Umstellung war schon hart. Weniger Freizeit, weniger Ferien, mehr Druck, mehr Selbständigkeit. Ich musste mich noch viel besser organisieren und meine Prioritäten noch klarer setzen. Die ZKB unterstützt mich dabei sensationell. Meine Praxisbildenden haben viel Verständnis, zeigen mir Wege auf und fördern mich. Und ich habe ein Höchstmass an Flexibilität und bekomme fürs Trainingslager sogar eine Woche Ferien dazu.»
Inspiration für Mitlernende
Führt das nicht auch zu Neid der Kolleginnen und Kollegen? «Man hört schon ab und an ein paar Sprüche. Mag sein, dass da auch eine Portion Neid mitschwingt. Aber ich bekomme auch viel Aufmunterung, Respekt und Komplimente. Ich denke, wir Leistungssportlerinnen sind auch eine Inspiration für die anderen. Wir zeigen, was alles möglich ist, wenn man nur will.»
Petra Düsel-Rüfenacht bestätigt den positiven Impact auf die Mitlernenden und ergänzt, dass Lehre+Sport-Lernende weniger oft krankheitsbedingt fehlen würden. Und noch etwas fällt für sie positiv ins Gewicht: «Wir sind mit drei jungen Sportlerinnen und Sportler gestartet, jetzt sind es zwischen 20 und 30. Dabei rekrutieren wir ausschliesslich über Mund-zu-Mund-Empfehlungen und pflegen proaktiv Kontakte zu vielen Sportvereinen. Das gibt, in allerbestem Sinne, weit über die eigentliche Zielgruppe hinaus zu reden und zahlt wunderbar in unsere Marke als Lehrbetrieb, als Arbeitgeberin und als Bank ein.»
Derweil hat sich Wirbelwind Elisa für die Zukunft hohe Ziele gesteckt. «Zum Glück ist die ZKB nicht nur während der Lehrzeit offen für Leistungssportlerinnen wie mich, sondern bietet auch Anschlusslösungen. Ich würde darum gern bleiben und vermutlich Teilzeit arbeiten. Mein Traum wäre es, sportlich im Profibereich Fuss zu fassen, vielleicht sogar im Ausland. Auf jeden Fall aber mit der 7 als meine Begleiterin.»