Zürich (sda). Die Aufhebung des Euromindestkurses Anfang 2015 war für den schon seit längerem kriselnden Modekonzern Charles Vögele offenbar ein Schlag zu viel. Das Schweizer Unternehmen mit seinem Hauptsitz in Pfäffikon SZ soll nach fünf Jahren mit roten Zahlen an die Investorengruppe Sempione Retail um den italienischen Modekonzern OVS verkauft werden. Die Investorengruppe hat am Montag ein entsprechendes Übernahmeangebot lanciert.
Ist es erfolgreich, dann soll es schnell gehen. Sofort nach dem Zustandekommen des Angebots Ende Jahr sollen das Deutschlandgeschäft und die Immobilien des Schweizer Modekonzerns verkauft werden. Die Verträge dazu sind bereits unterschrieben. Wenige Monate später im Sommer 2017 wird schon ein Grossteil der Charles Vögele Filialen umbenannt und umgestaltet sein. Der Name und die Marke Charles Vögele wird dann Anfang 2018 definitiv verschwunden sein, so die Planung.
Damit wird dann eine über 60-jährige Firmengeschichte enden. Was das für die jetzt noch rund 6300 Angestellten des Schweizer Modekonzerns bedeuten wird, ist noch unklar. Für genau Angaben zu den personellen Auswirkungen der Übernahme sei es noch zu früh, sagte Charles Vögele-Verwaltungsratspräsident Max E. Katz am Montag an einer Medienkonferenz in Zürich. Absehbar sei einzig, dass es am Hauptsitz in Pfäffikon SZ zu einem Stellenabbau kommen werde.
Eine Branche im Umbruch
Katz zeigte sich dabei überzeugt, dass der Verkauf für die Angestellten und das Unternehmen eine Chance sein wird. Weil die Branche vor der Bereinigung stehe, habe das Management mit seinem frühzeitigen Handeln der Belegschaft und dem Unternehmen einen Zukunftsperspektive eröffnet, gab Katz zu verstehen. «Als First-Mover konnten wir die Transaktion noch aus einer Position der Stärke vollziehen», sagte er.
Besonders stark war die Verhandlungsposition des Schweizer Modekonzerns beim Verkauf jedoch nicht. Die Investorengruppe, die Charles Vögele kaufen will, wird nämlich mit seinem Angebot von 6,38 Franken pro Aktie nur gerade 56 Millionen Franken für den Modekonzern mit einem Jahresumsatz von 800 Millionen Franken zahlen. Gleichzeitig wird sie mit der Übernahme einen Immobilienpark erwerben, von dessen Verkauf sie sich einen Erlös von 169 Millionen Franken erhofft.
Damit und mit dem Erlös aus dem Verkauf des Deutschlandgeschäfts wollen die neuen Besitzer aber nicht den Kauf selbst bezahlen, sondern Schulden abbauen und das für den Betrieb nötige Umlaufkapital erhöhen, wie OVS-Chef Stefano Beraldo im Namen der Investoren erklärte.
Zweiter Expansionsversuch von OVS
OVS ist dabei in der Schweiz keine Unbekannte. Der Konzern, der früher Oviesse hiess, hatte nämlich bereits einmal erfolglos versucht in der Schweiz Fuss zu fassen. Im Jahr 2001 vereinbarten Oviesse und Globus, dass der italienische Konzern 35 der 60 ABM-Filialen übernehmen sollte.
Erfolgreich war Oviesse damit jedoch nie, unter anderem weil der italienische Konzern den schwedischen Konkurrenten H&M unterschätzte. Bereits 2004 brach Oviesse die Expansion in die Schweiz wieder ab.
OVS-Chef Beraldo zeigte sich zuversichtlich, dass dies diesmal nicht geschehen wird. «Oviesse von damals ist nicht mit OVS von heute zu vergleichen», sagte er. Er verwies dabei auf die Fortschritte der letzten Jahre und die herausragende Position, die sich das Unternehmen in Italien erarbeitet hat.
OVS sei innerhalb von zehn Jahren in Italien von der Nummer zwei zur Nummer eins aufgestiegen, habe dabei Benetton überholt und wachse deutlich schneller als die zwei wichtigsten Konkurrenten H&M und Inditex mit den Zara-Läden, sagte Beraldo.
Für OVS sei dabei der Schweizer Markt interessant, weil er eine sehr kaufkräftige Kundschaft habe, gleichzeitig aber weniger kompetitiv als der italienische Markt sei. Die grosse Schwierigkeit in der Schweiz sei jedoch, hier gute Ladenflächen zu finden, sagte Beraldo.
Mit der Übernahme von Charles Vögele kann OVS auf einen Schlag 163 Filialen übernehmen. Geplant ist auch, die Charles Vögele-Geschäfte in Österreich, Ungarn und Slowenien weiterzuführen. Der Verkauf der Vertriebsorganisation in Deutschland begründete Beraldo damit, dass die deutsche Branche durch Discounter geprägt sei.
OVS hat sich gemäss Beraldo zu einer Übernahme mit zwei Partnern entschieden, weil der Kauf für den Modekonzern ein zu hohes Risiko gewesen wäre. Geplant ist jedoch, dass OVS nach ein paar Jahren auch die Anteile der zwei anderen Investoren übernehmen wird.
Vorgesehen ist, dass die Angebotsfrist am 26. Oktober beginnen und am 23. November enden wird. Das Angebot kommt dann zu Stande, wenn den Investoren mindestens 70 Prozent des Aktienkapitals angeboten wird.
Die Anleger nahmen den Verkauf mit Erleichterung zur Kenntnis. Bis Börsenschluss erhöhte sich der Kurs der Charles Vögele-Aktie um 1,8 Prozent auf 6,36 Franken und lag damit knapp unter dem Angebotspreis. Der Aufwärtsbewegung konnte jedoch die Verluste der letzten Jahre bei weitem nicht aufwiegen. 2011 lag der Aktienkurs noch bei fast 70 Franken. Die Aktien von OVS schlossen an der Mailänderbörse 6,6 Prozent im Plus.
Vögele Shoes teilte am Abend mit, die Firma sei von der Übernahme nicht betroffen. Die Betreiberin sei die Firma Karl Vögele mit Sitz in Uznach SG. Die beiden Firmen hätten aus der Gründerzeit eine familiäre Bindung und arbeiteten in Teilbereichen auch zusammen. Eine juristische und wirtschaftliche Verflechtung bestehe aber nicht.