HR Today Nr. 12/2021: Serie – Sozialversicherungen

Berufliche Vorsorge mitgestalten: Die Arbeit als Stiftungsrat

Die berufliche Vorsorge steckt im Reformstau. Damit die Renten weiterhin gesichert sind, müssen Pensionskassen die Verantwortung dafür selbst übernehmen. Diese zunehmend komplexere Aufgabe obliegt dem Stiftungsrat als oberstem paritätisch zusammengesetztem Führungsorgan.

Der Stiftungsrat ist das oberste Organ einer Stiftung, womit auch die wichtigsten Führungsaufgaben in dessen Hand liegen. Ein Stiftungsratsmandat ist eine anspruchs- und verantwortungsvolle Aufgabe, die das Interesse und die Bereitschaft voraussetzt, sich mit der beruflichen Vorsorge auseinanderzusetzen. Erforderlich sind fundierte Kenntnisse zu den Rechtsgrundlagen, der Versicherungstechnik, Kapitalanlagen und dem Rechnungswesen. Das stark dynamische Umfeld stellt hohe Ansprüche an das Gremium: Stiftungsräte sind verpflichtet, sich ständig weiterzubilden, um diese Aufgabe gewissenhaft zu bewältigen.

Vielfältige Kompetenzen gefragt

Der Stiftungsrat sorgt für die ordnungsmässe Durchführung der Vorsorge. Art. 51a BVG umschreibt dessen zentrale Gesamtleitungs- und Überwachungsaufgaben und konkretisiert unübertragbare Aufgaben. Grob können die Führungsaufgaben im Interesse der Versicherten in drei Tätigkeitsbereiche unterteilt werden: Gestalten, Lenken und Entwickeln.

Zu den nicht übertragbaren Aufgaben des Stiftungsrats gehören unter anderem:

  • die Vertretung der Stiftung nach aussen,
  • die Orientierung der Anspruchsberechtigten über ihre Rechte und Pflichten,
  • die Auswahl der externen Organe,
  • der Erlass von Reglementen,
  • das Festlegen der Organisation
  • sowie die Aufsicht über die Geschäftsführung und die Verwendung des Pensionskassenvermögens.

Als oberstes Organ bestimmt der Stiftungsrat die Ziele und Grundsätze der Vermögensverwaltung sowie die Durchführung und Überwachung des Anlageprozesses. Externe Partner können das Vermögen jedoch verwalten sowie die Liquidität planen und überwachen. Daneben können einzelne Aufgabenbereiche delegiert werden. Etwa die Geschäfts- und Buchführung oder das Erstellen der Jahresrechnung sowie des Jahresberichts.

Zusammensetzung eines Stiftungsrats

Ein Stiftungsrat sollte so klein sein, dass eine effiziente Willensbildung möglich ist, und so gross, dass seine Mitglieder das erforderliche Fachwissen und die Erfahrung aus verschiedenen Bereichen einbringen können. Der Stiftungsrat einer registrierten Vorsorgeeinrichtung setzt sich paritätisch zusammen, das heisst aus der gleichen Anzahl Vertreter seitens des Arbeitgebenden sowie der Arbeitnehmenden (Art. 51 BVG). Auch in der beruflichen Vorsorge wird auf das bewährte Schweizer Milizsystem abgestellt: Versicherte sollen bei ihrer Pensionskasse über wichtige strategische Entscheide und die Leistungspalette mitbestimmen. Eine Stiftungsrätin oder ein Stiftungsrat kann somit die berufliche Vorsorge mitgestalten. Das Wahlverfahren des Stiftungsrats sowie die Zusammensetzung, Konstituierung (inklusive Wahl des Präsidenten und Festlegung der Zeichnungsberechtigung) und Beschlussfassung müssen reglementarisch festgelegt werden. Bei einer grösseren Vorsorgeeinrichtung ist dies auch durch die Bildung von Ausschüssen möglich, welche die Beschlüsse des Stiftungsrats vorbereiten und ausführen. Rentnerinnen und Rentner haben keinen Anspruch auf eine Stiftungsratsvertretung, ausser wenn dies reglementarisch vorgesehen ist. Zulässig ist zudem die Wahl aussenstehender Fachpersonen, um die Fachkompetenz des obersten Gremiums zu stärken.

Haftung mit Privatvermögen

Wer Mitglied eines Stiftungsrats wird, erlangt eine sogenannte Organstellung. Dadurch können Stiftungsräte für die Verletzung ihrer Pflichten verantwortlich gemacht werden, die ihnen vom Gesetz oder von den Statuten auferlegt sind. Für ein Verschulden haften sie deshalb persönlich mit ihrem gesamten Privatvermögen. Dies auch, wenn sie bei Sitzungen fehlen, sich bei einem Geschäft der Stimme enthalten oder ihnen die nötigen Kenntnisse zur Erfüllung ihrer Aufgabe fehlen. Pensionskassen sollten Stiftungsräte deshalb unbedingt mit einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung schützen. Stiftungsräte werden für ihren Einsatz meist entlöhnt. Wie sich ihre Entschädigung gestaltet, wird im Kostenreglement geklärt.

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Yasmine Suter ist Leiterin Marketing & Kommunikation bei der Sammelstiftung Vita.

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