Arbeit und Recht

Kurzarbeit und deren Entschädigung

Ende Januar 2015 hat Bundesrat Schneider-Ammann das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO beauftragt, die aktuellen Wechselkursschwankungen als Begründung von Kurzarbeitsentschädigung zuzulassen. Damit sollte auf die aussergewöhnliche Aufwertung des Schweizer Frankens reagiert werden, nach dem Entscheid der Schweizerischen Nationalbank, die Kursuntergrenze zum Euro aufzuheben.

Das SECO hat die Vollzugsstellen der Arbeitslosenversicherung angewiesen, Arbeitsausfälle, die auf Devisenschwankungen zurückzuführen sind, als anrechenbar zu erachten, sofern die übrigen Anspruchsvoraussetzungen für Kurzarbeitsentschädigung erfüllt sind.

Begriff der Kurzarbeit

Kurzarbeit in diesem Sinne ist die durch den Arbeitgeber mit Einverständnis der betroffenen Arbeitnehmer angeordnete vorübergehende Reduktion der vertraglichen oder üblichen Arbeitszeit oder vorübergehende vollständige Einstellung der Arbeit mit entsprechender Herabsetzung des Lohns, wobei die arbeitsrechtliche Vertragsbeziehung aufrecht erhalten bleibt. Die Arbeitnehmer haben in jedem Fall das Recht, die Kurzarbeit abzulehnen, gehen damit allenfalls aber ein (faktisch) erhöhtes Kündigungsrisiko ein.

Mit dieser regulierten Massnahme sollen Arbeitsplätze in konjunkturell schwierigen Phasen erhalten werden können. So können Arbeitslosigkeit einerseits, aber auch nachgelagerte Rekrutierungs- und Einarbeitungskosten andererseits vermieden werden. Ebenso werden allfällige Beitragslücken in der beruflichen Vorsorge verhindert.

Die Arbeitslosenversicherung deckt einen Teil des aus der Kurzarbeit resultierenden Lohnausfalls (Kurzarbeitsentschädigung).

Kurzarbeitsentschädigung

Anspruchsvoraussetzungen

Bei Kurzarbeit haben die Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf die Kurzarbeitsentschädigung, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen:

  • Die Arbeitnehmer sind für die Arbeitslosenversicherung beitragspflichtig oder sie haben das Mindestalter für die Beitragspflicht in der AHV noch nicht erreicht;
  • es liegt ein anrechenbarer Arbeitsausfall vor;
  • das Arbeitsverhältnis ist nicht gekündigt; und
  • der Arbeitsausfall ist voraussichtlich vorübergehender Natur.

a) Anspruchsberechtigte Person

Grundsätzlich sind alle von Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer anspruchsberechtigt, wenn sie für die Arbeitslosenversicherung beitragspflichtig sind oder das Mindestalter für die Beitragspflicht in der AHV noch nicht erreicht haben. Massgebend ist somit der AHV-rechtliche Arbeitnehmerbegriff. Eine Mindestdauer der beitragspflichtigen Beschäftigung wird nicht vorausgesetzt. Damit können zum Beispiel auch Grenzgänger grundsätzlich vom ersten Tag ihrer ALV-beitragspflichtigen Anstellung an Kurzarbeitsentschädigung beziehen.

Nicht berechtigt sind Arbeitnehmer, welche die obligatorische Schulzeit nicht zurückgelegt haben oder das ordentliche AHV-Rentenalter erreicht haben. Keinen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung haben jedenfalls:

  • Arbeitnehmer, deren Arbeitsausfall nicht bestimmbar oder deren Arbeitszeit nicht ausreichend kontrollierbar ist;
  • der mitarbeitende Ehegatte des Arbeitgebers;
  • Personen, die in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter, als finanziell am Betrieb Beteiligte oder als Mitglieder eines obersten betrieblichen Entscheidungsgremiums die Entscheidungen des Arbeitgebers bestimmen oder massgeblich beeinflussen können, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten.

b) Anrechenbarer Arbeitsausfall

Anrechenbar ist der Arbeitsausfall grob gesagt, wenn er auf wirtschaftliche Gründe zurückzuführen und unvermeidbar ist. Zudem muss er pro Abrechnungsperiode (in der Regel ein Kalendermonat) mindestens 10 Prozent der Arbeitsstunden ausmachen, die von den Arbeitnehmern des Betriebes normalerweise insgesamt geleistet werden. Die Bemessung richtet sich auf die Gesamtheit der Arbeitnehmer eines Betriebs. Geringfügige Arbeitsausfälle oder substantielle Arbeitsausfälle nur einzelner Arbeitnehmer lösen folglich keinen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung aus.

Der Begriff «wirtschaftliche Gründe» ist weit auszulegen, wobei ein Arbeitsausfall nicht anrechenbar ist,

  • wenn er durch betriebsorganisatorische Massnahmen wie Reinigungs-, Reparatur- oder Unterhaltsarbeiten sowie andere übliche und wiederkehrende Betriebsunterbrechungen oder durch Umstände verursacht wird, die zum normalen Betriebsrisiko des Arbeitgebers gehören;
  • wenn er branchen-, berufs- oder betriebsüblich ist oder durch saisonale Beschäftigungsschwankungen verursacht wird;
  • soweit er auf Feiertage fällt, durch Betriebsferien verursacht oder nur für einzelne Tage unmittelbar vor oder nach Feiertagen oder Betriebsferien geltend gemacht wird;
  • wenn der Arbeitnehmer mit der Kurzarbeit nicht einverstanden ist und deshalb nach Arbeitsvertrag entlöhnt werden muss;
  • soweit er Personen betrifft, die in einem Arbeitsverhältnis auf bestimmte Dauer, einem Lehrverhältnis oder im Dienste einer Organisation für Temporärarbeit stehen; oder
  • wenn er durch eine kollektive Arbeitsstreitigkeit im Betrieb verursacht wird, in dem der Versicherte arbeitet.

c) Ungekündigtes Arbeitsverhältnis

Keinen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung haben Arbeitnehmer, die in einem gekündigten Arbeitsverhältnis stehen, ungeachtet der Motivation oder der Partei, welche die Kündigung ausgesprochen hat.

Der Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung geht erst ab Beginn der vertraglichen Kündigungsfrist verloren, auch wenn die Kündigung lange vor Beginn der Kündigungsfrist ausgesprochen wurde. Im Weiteren ist zu beachten, dass die Einführung der Kurzarbeit keinen Einfluss auf die Möglichkeit hat, ein Arbeitsverhältnis zu kündigen.

Wird das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufgelöst, besteht ab Datum der vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses kein Anspruch mehr.

Ist eine Kündigung nichtig (da etwa während einer anwendbaren Sperrfrist erfolgt), besteht Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung, weil der Arbeitnehmer weiterhin in ungekündigtem Arbeitsverhältnis steht.

d) Nur vorübergehender Arbeitsausfall

Ein Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung besteht nur, wenn der Arbeitsausfall voraussichtlich vorübergehend ist und erwartet werden darf, dass die Arbeitsplätze erhalten werden können.

Grundsätzlich wird vermutet, dass ein Arbeitsausfall wahrscheinlich vorübergehend sein wird. Bestehen konkrete Anhaltspunkte, dass der Arbeitgeber die Kurzarbeit als Vorstufe einer geplanten Betriebsschliessung (Konkurseröffnung, Nachlassliquidation) einführt, ist die Anspruchsvoraussetzung des nur vorübergehenden Arbeitsausfalls nicht erfüllt. Hat die zuständige kantonale Stelle begründete Zweifel, dass die Kurzarbeit vorübergehend ist und der Erhaltung der Arbeitsplätze dient, kann sie eine Betriebsanalyse in Auftrag geben.

Vorübergehender Arbeitsausfall kann nicht allgemein gültig definiert werden, sondern muss im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweils massgeblichen Umstände beurteilt werden.

Dauer und Bemessung der Kurzarbeitsentschädigung

Nach Berücksichtigung einer betriebsabhängigen Karenzfrist wird die Kurzarbeitsentschädigung grundsätzlich während höchstens zwölf Abrechnungsperioden (in der Regel entspricht die Abrechnungsperiode dem Kalendermonat) entrichtet. Der Bundesrat kann bei andauernder erheblicher Arbeitslosigkeit die Höchstdauer allgemein oder für einzelne Regionen oder Wirtschaftszweige um höchstens sechs Abrechnungsperioden verlängern.
Die Kurzarbeitsentschädigung beträgt 80 Prozent des anrechenbaren Arbeitsausfalls, unter Abzug der Karenzfrist, welche zu Lasten des Arbeitgebers geht.

Die Bemessung richtet sich grundsätzlich nach dem vertraglich vereinbarten Lohn im letzten Beitragsmonat vor Beginn der Kurzarbeit, einschliesslich Ferienentschädigungen und vertraglich vereinbarter regelmässiger Zulagen, wobei der Höchstbetrag des versicherten Lohns CHF 126'000 im Jahr bzw. CHF 346 pro Tag beträgt.

Geltendmachung der Kurzarbeitsentschädigung

Kurzarbeit ist vom Arbeitgeber der zuständigen kantonalen Amtsstelle mindestens 10 Tage vor Beginn der Kurzarbeit schriftlich mit dem entsprechenden Formular des SECO (Formular 716.300, abzurufen unter: www.treffpunkt-arbeit.ch/formulare/arbeitgeber/kurzarbeit/) vor-anzumelden und nach drei Monaten zu erneuern.

In der Voranmeldung muss der Arbeitgeber die Notwendigkeit der Kurzarbeit begründen und das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen glaubhaft darlegen. Zudem muss er für jede Betriebsabteilung die Ausgleichskasse bezeichnen, bei welcher er die Kurzarbeitsentschädigung geltend machen wird.

Der Arbeitgeber ist für die Kurzarbeitsentschädigung vorleistungspflichtig. Er muss sie mit der Lohnzahlung an den Arbeitnehmer ausrichten. Selber muss er die Kurzarbeitsentschädigung innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Abrechnungsperiode gesamthaft für den Betrieb bei der zuständigen Kasse geltend machen (Formular 716.302 mit weiteren Formularen). Verpasst der Arbeitgeber diese Frist, verwirkt er grundsätzlich den Anspruch auf die entsprechende Kurzarbeitsentschädigung. Unter Umständen kann die Frist wiederhergestellt werden.

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Reto Sutter, Dr. iur., LL.M., ist Partner der Anwaltskanzlei Voillat Facincani Sutter + Partner. Er ist Rechtsanwalt und dipl. Steuerexperte. Er berät Unternehmen und Private vorwiegend in wirtschafts- und arbeitsrechtlichen sowie steuerrechtlichen Angelegenheiten. www.vfs-partner.ch

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Nicolas Facincani, lic. iur., LL.M., ist Partner der Anwaltskanzlei Voillat Facincani Sutter + Partner. Er ist als Rechtsanwalt tätig und berät Unternehmen und Private vorwiegend in wirtschafts- und arbeitsrechtlichen Belangen. Er doziert zudem regelmässig zum Arbeitsrecht. www.vfs-partner.ch

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