Massnahmen für eine bessere Work-Life-Integration

Viele Schweizer Unternehmen haben einzelne und gute Massnahmen für eine bessere Vereinbarkeit. Sie kommunizieren diese jedoch oft nicht glaubwürdig. Ausserdem kann sich nicht jedes Unternehmen eine eigene Kinderbetreuung leisten oder den Mitarbeitenden ein Netzwerk an Betreuungslösungen bieten. Wie es auch anders geht.

Will ein Unternehmen Vereinbarkeit leben, muss es die Work-Life-Integration in seine Kultur aufnehmen. Dazu braucht es eine sogenannte «lebensphasenorientierte Personalpolitik». Diesen Begriff hat Jutta Rump vom Institut für Beschäftigung und Employability an der Fachhochschule Ludwigshafen geprägt. Die lebensphasenorientierte Personalpolitik fokussiert einerseits auf die Entwicklung und Erhaltung von motivierten, kompetenten und loyalen Mitarbeitenden. Andererseits auf die Vereinbarkeit von Lebens- und Berufsphasen.

Work-Life-Integration wird lebbar, wenn eine Firma auf die sich verändernden Lebenssituationen und Karriereambitionen sowie die Lebenshintergründe der Beschäftigten eingeht. Eigentlich logisch und doch konzentrieren sich die meisten Unternehmen in ihrer Personalpolitik vor allem auf den Zeitraum der ersten 25 Jahre eines Berufslebens (20. bis 45. Lebensjahr). Hier fördern und fordern sie ihre Mitarbeitenden. Dies führt laut Jutta Rump zu einem «Lebensstau», da alle wichtigen beruflichen und privaten Entscheidungen in diesem Zeitraum getroffen werden müssen. Doch Firmen müssten alle Lebens- und Berufsphasen wertschätzen und in den betrieblichen Abläufen berücksichtigen.

Neue Lösungsansätze

Um sich als Unternehmen optimal auf die Lebens- und Berufsphasen der Mitarbeitenden einzustellen, hilft es, sich ein Schema aufzuzeichnen und zu überlegen, welche Massnahmen in welcher Phase hilfreich sein könnten. Dabei geht es nicht darum, alle Massnahmen umzusetzen, sondern sich ein Bild zu machen, was die Mitarbeitenden brauchen könnten.

1. Arbeitszeit

Das wohl zentralste Attribut für eine bessere Work-Life-Integration sind flexible Arbeitszeiten. Gleitende Arbeitszeit ist eine sehr einfache, ebenso wirksame und bereits vielerorts eingesetzte Methode, die es den Mitarbeitenden ermöglicht, nebst der Arbeit auch anderen Verpflichtungen nachzukommen. Teilzeitmodelle und Jobsharings sind dabei wichtige Instrumente.

Mögliche Massnahmen:

  • Teilzeitstellen
  • Jobsharings
  • Gleit- oder Funktionszeiten
  • Sitzungskultur ausserhalb der Randzeiten
  • Vertrauensarbeitszeit oder Zeitsouveränität
  • Wochen-, Monats- oder Jahresarbeitszeiten: Hier kann die Auslastung der Arbeitszeit angepasst werden. Überstunden oder eine Reduzierung des Gehalts können in Form eines längeren Freizeitblocks kompensiert werden, der über den gesetzlichen Jahresurlaub hinaus geht.
  • Sabbaticals

2. Arbeitsort

Technik (und Pandemie) sei Dank gibt es nun vermehrt die Möglichkeit, auch ortsunabhängig zu arbeiten.

Mögliche Massnahmen:

  • Bereitstellung von Hardware und entsprechender Technik für Homeoffice oder mobiles Arbeiten
  • finanzielle Unterstützung für das Arbeiten in Coworking-Spaces, wenn Homeoffice nicht möglich oder gewünscht ist
  • Implementierung von Corpo-Workings – sprich Arbeitsumgebungen im Unternehmen, die mehr auf kollaboratives Arbeiten ausgerichtet sind.

3. Karriere

Um unsere Karriere so vorantreiben zu können, wie gewünscht, ist es nötig, dass die Unternehmen Hand bieten. So stellen sie sicher, dass Fachkräfte bleiben und sich optimal entwickeln können.

Mögliche Massnahmen:

  • Verteilung der Arbeit im Lebensverlauf, Arbeitszeitkontenmodelle
  • Wiedereinstiegsmöglichkeiten
  • Weiterbildungsangebote mit Inhalten zur Work-Life-Integration – vom Stressmanagement über Selbstmanagement, Kommunikationstraining, Zeitmanagement bis hin zum Training zur Grenzziehung, Erholungsfähigkeit und Gesundheitskompetenzen

4. Unternehmens- und Führungskultur

Eine wertschätzende Unternehmenskultur ist die wohl erfolgversprechendste Voraussetzung nebst dem Problembewusstsein für die unterschiedlichen Bedürfnisse und Situationen aller Beschäftigten. Damit die Massnahmen funktionieren, müssen sie authentisch sein und von oben auch gelebt werden. Sie müssen also zur Struktur, zu den Werten und zu den betrieblichen Rahmenbedingungen eines Unternehmens passen.

Mögliche Massnahmen:

  • Role-Models: Jobsharing auf Managementebene, Leben von Vereinbarkeit im Topmanagement, teilzeitarbeitende Männer etc.
  • Schaffung einer internen Definition von Vereinbarkeit, beispielsweise ein hauseigenes Vereinbarkeitsmanifest in dem Verbindlichkeiten und Regeln für beide Seiten stehen.
  • Abfrage von Bedürfnissen durch Umfragen
  • individuelles Mentoring

5. Gesundheit

Sowohl Prävention als auch Gesundheitsförderung sind Bereiche, in denen Unternehmen ihre Mitarbeitenden unterstützen können – auf psychischer, wie auch physischer Ebene.

Mögliche Massnahmen:

  • betriebliches Gesundheitsmanagement
  • ergonomische Arbeitsplätze
  • Bewegungsangebote, firmeninterne Gyms oder aber die Möglichkeit, kostenfrei oder vergünstigt in externen Gyms trainieren zu können
  • gesunde Ernährung im Berufsalltag

6. Goodies

Eins vorweg: es kann, muss aber nicht teuer werden. In welchem Ausmass und welcher Grössenordnung diese Goodies sind, ist dem Unternehmen überlassen.

Mögliche Massnahmen:

  • Employee Assistance Programs (EAP): Beratungs- und Anlaufstelle für Mitarbeitende
  • Familienservice: Anlaufstelle für Eltern für z.B. Vermittlung von Betreuungsplätzen, Coachings, Fragen rund ums Elternsein etc.
  • betrieblich unterstützte Kinderbetreuung
  • Nutzung von anderen Betreuungsangeboten wie Coworking Spaces mit Kinderbetreuung für regelmässige Nutzung oder temporäre Betreuungsengpässe
  • Einkaufsservice
  • persönliche Geburtstagskarte, Weihnachtsgeschenke etc.
  • zusätzliche Ferientage oder gar frei wählbare Anzahl Ferientage

7. Kommunikation

Die besten Massnahmen im Unternehmen nützen nichts, wenn die Mitarbeitenden nichts davon wissen. Deshalb gilt es, Informationen kontinuierlich bereitzustellen und transparent intern und extern zu kommunizieren.

Mögliche Massnahmen:

  • interne Kommunikationskampagne zu verschiedenen Themen wie Jobsharing, Sabbatical, Jahresarbeitszeit, interne Role-Models etc.
  • Unternehmens-Blog, der das Thema Vereinbarkeit aufgreift
  • transparenter Verhaltenskodex für Führungskräfte
  • externe Kommunikationskampagne zum Thema: Unternehmen X steht für Work-Life-Integration.
  • Stellenanzeigen, die dem Thema Vereinbarkeit Rechnung tragen (Teilzeit, Jobsharing)
  • authentische Einblicke in den Arbeitsalltag auf hauseigenen Social-Media-Kanälen
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Diana Wick Rossi ist Co-Gründerin von Tadah, einer Plattform zu Vereinbarkeit, mit eigenem Coworking-Space inklusive Kinderbetreuung, und einem gleichnamigen Magazin.

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