OpenAI greift LinkedIn an
Der ChatGPT-Konzern baut eine eigene Jobplattform auf. Das Prinzip: Automatisches Jobmatching gestützt durch Zertifizierungen. Damit will OpenAI LinkedIn das Wasser abgraben.

Die Verflechtungen von Microsoft und OpenAI machen die Attacke auf LinkedIn brisant. (Bild: ChatGPT / Canva)
OpenAI hat eine eigene KI-gestützte Job-Plattform angekündigt. Das Unternehmen hinter ChatGPT will auf ein Matching-System setzen, das Kandidaten und Unternehmen automatisch zusammenbringen soll, wenn sie gut zueinander passen.
Der klassische Recruiting-Prozess sei oft «Glückssache», schreibt Fidji Simo, CEO Applications bei OpenAI, in einem Blogpost. Mit dem neuen Portal sollen hingegen «perfekte Matches» möglich werden. OpenAI plant dafür spezielle Pfade für lokale Unternehmen und Verwaltungen und arbeitet bereits mit Partnern auf regionaler Ebene, etwa mit der «Texas Association of Business», «um Tausende von texanischen Arbeitgebern mit talentierten Menschen zusammenzubringen, die ihnen helfen können, ihre Betriebe zu modernisieren».
OpenAI betont, dass KI-Kompetenz für viele Unternehmen künftig zentral werde. Darum wolle der Tech Konzern parallel ein eigenes Zertifizierungssystem aufbauen. «Die meisten Unternehmen, auch kleine, sehen KI als Schlüssel für ihre Zukunft. Und fast alle Firmen, mit denen wir sprechen, wollen sicherstellen, dass ihre Mitarbeitenden wissen, wie man unsere Tools einsetzt», heisst es in der Ankündigung.
Man werde Zertifikate «für unterschiedliche Stufen der KI-Kompetenz anbieten – von den Grundlagen des Einsatzes am Arbeitsplatz bis hin zu spezialisierten KI-Jobs und Prompt-Engineering», schreibt Simo. OpenAI verweist in diesem Zusammenhang auch auf seine Lernplattform OpenAI Academy, die bereits über zwei Millionen Nutzende erreicht.
Zudem «verpflichtet» sich OpenAI nach eigenen Angaben, bis 2030 zehn Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner zu zertifizieren. Auch hier hat OpenAI bereits eine Partnerschaft für den Launch verhandelt: mit dem Retail-Giganten Walmart, mit über zwei Millionen Angestellten einer der grössten Arbeitgebern weltweit. Zudem kooperiert OpenAI bereits mit Indeed. Der Job-Marktplatz bindet OpenAI-Modelle ein, um Empfehlungen zu erklären und Matching zu verbessern
OpenAI und LinkedIn sind durch Microsoft verbunden
Damit tritt OpenAI in direkte Konkurrenz zu LinkedIn: Die Plattform gehört seit 2016 zu Microsoft, setzt selbst zunehmend auf KI und bietet ebenfalls Zertifikate an.
Brisant ist aber vor allem die ökonomische Konstellation: Microsoft ist nicht nur Eigentümer von LinkedIn, sondern zugleich der grösste Investor und einer der wichtigsten Infrastruktur-Partner von OpenAI. Die Gesamtsumme der Microsoft-Investitionen wird auf rund 13 bis 14 Milliarden US-Dollar geschätzt.
Ebenfalls interessant: Als Open-AI-CEO Sam Altman im Herbst 2023 überraschend entlassen wurde, wurde bekannt, dass dieser zu Microsoft wechseln würde, um eine neue KI-Abteilung zu leiten. Nur wenig später wurde Sam Altman jedoch wieder bei OpenAI eingestellt.
Mit LinkedIn hat sich OpenAI einen mächtigen Gegner ausgesucht: Die Plattform zählt über eine Milliarde Nutzer und profitiert stark von Netzwerkeffekten und bestehenden Integrationen. Ob OpenAI dagegen ankommt, bleibt offen. Die Ausrichtung auf «AI first» und die explizite Ansprache lokaler Unternehmen sowie Behörden via die Initiativen «OpenAI for Government» respektive «ChatGPT Gov» sind aber ein Alleinstellungsmerkmal. Damit erschliesst OpenAI potenziell neue Nachfragepools. Dieses Manöver ist als Teil einer breiteren Strategie zu verstehen, mit der OpenAI seine Abhängigkeiten reduzieren will – etwa durch die kürzlich bekannt gewordenen Pläne, wonach der Tech-Konzern seine eigenen KI-Chips herstellen will.
Konkrete Details zur Plattform sind bislang nicht bekannt. Angesichts der komplexen Verflechtungen zwischen OpenAI, Microsoft und Verwaltungen ist derzeit schwer abzuschätzen, wie das Angebot im Detail aussehen wird – und welche Dynamiken es im Markt für Recruiting-Technologie auslöst. OpenAI nennt als groben Starttermin «Mitte 2026». (rs)