Die jährlichen Kosten von arbeitnehmerseitigem Fehlverhalten in den USA werden insgesamt auf bis zu 250 Milliarden US-Dollar geschätzt (Holtfreter, 2005). Auch für Schweizer Unternehmen stellt Fehlverhalten am Arbeitsplatz ein finanzielles Risiko dar. So führten beispielsweise Hochrisiko-Investitionen eines Investmentbankers einer Schweizer Grossbank zu einem Verlust von über zwei Milliarden Schweizer Franken. Es ist daher für Unternehmen essenziell, die Ursachen und Bedingungen für fehlgeleitetes Verhalten zu kennen, um solchem mit Hilfe eines adäquaten Human Resource Managements entgegenzuwirken.
Die aktuelle Studie zum HR-Barometer zeigt unter anderem, dass Vertrauen in den Arbeitgeber Fehlverhalten am Arbeitsplatz deutlich reduziert. Basierend auf der repräsentativen Befragung von 1483 Beschäftigten in der deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Schweiz wurde zudem untersucht, wie mit Hilfe von HR-Massnahmen das Vertrauen gestärkt werden kann.
Fehlverhalten in der Schweiz
Fehlverhalten am Arbeitsplatz ist freiwilliges Verhalten, welches gegen die organisationalen Normen verstösst und somit den Unternehmenserfolg, das Wohlbefinden von Beschäftigten oder beides bedrohen kann (Robinson & Bennett, 1995). Im Schweizer HR-Barometer wird das arbeitnehmerseitige Fehlverhalten anhand von zwei Dimensionen in vier Kategorien unterteilt (siehe Abbildung). Während die erste Dimension bestimmt, gegen wen sich das Fehlverhalten richtet (gegen das Unternehmen oder gegen Individuen innerhalb des Unternehmens), bestimmt die zweite Dimension das Ausmass des Fehlverhaltens (geringfügig oder schwerwiegend).
Der HR-Barometer 2012 untersuchte ausschliesslich gegen das Unternehmen gerichtetes Fehlverhalten. Die Resultate zeigen, dass schwerwiegendere Vergehen wie zum Beispiel Quittungen fälschen, um mehr Geld zurückzuerhalten, von knapp zwei Prozent, illegaler Drogen- oder Alkoholkonsum von knapp sieben Prozent der Beschäftigten in der Schweiz gemeldet werden. Etwas häufiger wird dahingegen zugegeben, ab und zu Firmeneigentum zu entwenden (13 Prozent) oder vertrauliche Firmeninformationen mit unautorisierten Personen zu diskutieren (23 Prozent).
Im Vergleich zu diesen schwerwiegenderen Fehlverhaltensweisen gab fast die Hälfte der Beschäftigten in der Schweiz zu, sich innerhalb des letzten Jahres schon einmal leicht fehlverhalten zu haben. Vor allem das Tagträumen und Fantasieren, absichtlich längere Pausen machen oder sich wenig bei der Arbeit anstrengen sind häufig berichtete Fehlverhaltensweisen. Zudem zeigen die Resultate, dass vor allem Beschäftigte, die Probleme im Unternehmen weniger gut ansprechen können und geringeres Vertrauen in den Arbeitgeber haben, sich deutlich häufiger fehlverhalten. Eine vertrauensfördernde Arbeitsumgebung scheint somit ausschlaggebend für eine ehrliche Zusammenarbeit. Doch wie können Arbeitgeber das Vertrauen stärken?
Der Schweizer Human-Relations-Barometer 2012
Der Schweizer Human-Relations-Barometer 2012 (HR-Barometer) «Fehlverhalten und Courage» ist die siebte Ausgabe einer repräsentativen Arbeitnehmerbefragung in der Schweiz. Der HR-Barometer untersucht die Schweizer Arbeitswelt hinsichtlich Arbeitsbedingungen, -beziehungen sowie Arbeitseinstellungen und -verhalten der Beschäftigten in der deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Schweiz. Die HR-Barometer-Studie wird von Gudela Grote, Professur für Arbeits- und Organisationspsychologie der ETH Zürich, und von Bruno Staffelbach, Inhaber des Lehrstuhls Human Resource Management an der Universität Zürich, herausgegeben und seit 2012 durch den Schweizerischen Nationalfonds finanziert.
- Der komplette Bericht zur Studie steht zum Download zur Verfügung: www.hr-barometer.uzh.ch/index.html
Wie Vertrauen gestärkt werden kann
Gemäss den Ergebnissen des HR-Barometers 2012 ist es besonders wichtig, dass der psychologische Vertrag erfüllt ist, die Beschäftigten in Entscheidungsprozesse einbezogen werden und die Führungsqualität des direkten Vorgesetzten positiv bewertet wird. Bei Restrukturierungen und Personalabbau ist Vorsicht geboten, da solche organisationalen Veränderungen das Vertrauen in den Arbeitgeber schwächen können.