Studie zu internationalen Personal-Massnahmen

Going International – sitzen wirklich alle in einem Boot?

Eine Umfrage beleuchtet das Wechselspiel zwischen Unternehmensstrategien und internationalen Personalmassnahmen. Wie stellen sich die internen Kunden den strategischen Business Partner aus dem Personalbereich vor? Welche Rolle spielt HR, wie gut wird kommuniziert, wie steht es um das Selbst- und Fremdbild? Die Antworten lassen sich im eigenen Unternehmen finden, die Frage dazu wird jedoch oft nicht gestellt. HR-Expertin Barbara Wietasch ist dem Weshalb auf den Grund egangen.

In Interviews und Recherchen zum Buch «Global Management» habe ich immer wieder in Zwischentönen vernommen, dass die Zufriedenheit der internen Auftraggeber bzw. Kunden mit den angebotenen HR-Leistungen unzureichend ist.

Auf der anderen Seite vermittelte uns der Personalbereich, dass er nicht genügend in strategische Entscheidungen eingebunden wird, wichtige Informationen fehlen, nicht auf Augenhöhe kommuniziert wird, und vieles mehr.

Im Auslandsgeschäft ist diese Kluft zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung noch gravierender, daher wird hier noch viel mehr Geld versenkt.

Dem gingen wir nach und starteten eine Online-Umfrage. 69 Topführungskräfte aus internationalen Unternehmen (Vorstände, CEOs, HR-Verantwortliche, Auslandsmanager, internationale Projektleiter) aus unterschiedlichen Branchen und Ländern nahmen daran teil. Das Ergebnis zeigt, dass viele Unternehmen ihre Potentiale nicht voll nutzen.

Darum ist es wichtig, dass alle dieselbe Strategie bzw. Ziele verfolgen:

Meist besteht eine grosse Lücke zwischen den Unternehmensstrategien und der Umsetzung im Personalbereich. Gründe dafür sind, dass der Personalbereich nicht von Anfang an in die Strategieentwicklung eingebunden ist (ca. 55 % unserer Befragten sagen «Nein» bzw. «teils/teils»).

Wichtig ist im nächsten Schritt, dass es eine schriftlich HR-Strategie gibt, abgeleitet aus der Business-Strategie und den Unternehmens-Zielen. Hier sagen ca. 20 %, dass es diese nicht gibt, mehr als 30 % sagen «teils/teils».

Um einen gemeinsamen Orientierungspunkt für den Personalbereich zu schaffen, müssen  Botschaften klar sein, alle sollen dieselben Ziele kennen und verfolgen. Gerade im internationalen Geschäft ist es wichtig, dass kein Zweifel besteht, ob die Strukturen zentral, dezentral oder ein Mix aus beiden sind. Wie ist die Organisation aufgebaut. 45 % «Aller Anderen» sagen, dass das Unternehmen zentral gesteuert wird, für HR jedoch zu  «0 %»?

In den meisten Personalbereichen dominieren oftmals die operativen Themen, Aufgaben erfolgen auf Zuruf.  HR Manager werden vielfach nicht als die Experten mit ins Boot genommen. Anstatt bei strategischen Meetings dabei zu sein, wichtige Personal-Kennzahlen zur Planung einzubringen, werden sie von dem Top-Management als Bedenkenträger und  Verwalter gesehen,  in Arbeitskreise geschickt, wo wertvolle Zeit vergeudet wird. Ein kritischer Blick von Seiten des Fachbereiches, diesen strategisch und entscheidungsrelevant einzubinden, ist sehr wichtig, erfordert jedoch von allen eine Kommunikation auf Augenhöhe. HR kann doch angeblich  jeder, ähnlich wie im Marketing oder in der Öffentlichkeitsarbeit, jeder hat eine profunde Meinung dazu und will mitmischen.

Darum ist es wichtig, dass alles zusammenspielt:

Was bedeutet dies für das Unternehmen?

Die HR-Leistungen sind dem Management bzw. den internen Kunden zu ca. 60 % «nicht» oder nur «teils/teils» bekannt. Gilt hier die Kultur der Geheimniskrämerei? Gut, nicht alle Tätigkeiten aus dem Personalbereich dürfen jedem jederzeit kommuniziert werden, jedoch soll die direkte Zielgruppe, d.h. die internen nationalen und internationalen Kunden sehr wohl wissen, was das Leistungsspektrum des HR-Business-Partners ist.

Wo liegt hier die Verantwortung? Es ist das gelungene Wechselspiel zwischen beiden Seiten: das Top-Management vereinbart und kommuniziert  die gemeinsame Richtung,  die Ziele,  die Aufgaben und Verantwortlichkeiten; klärt die Rollen und bestätigt den Personalbereich in seinen Kernkompetenzen.

Ein echter Kontakt, Austausch, eine kongruente Kommunikation (laut unserer Erhebung nutzt HR zu 100 % E-Mail bzw. Intranet) braucht mehr Zeit, ist aber der «Klebstoff, der Organisationen zusammen hält» (L. Seiwert). Beide Seiten müssen kongruent kommunizieren. Zuhör- und Übersetzerqualitäten, Einfühlungsvermögen und Coaching-Fähigkeiten sind die Kernkompetenzen der Verantwortlichen im Personalbereich.

Eine Positionierung als ernsthafter interner Dienstleister, z.B. auch  «ich übersetze es Dir in Deine Sprache», in eine fakten- bzw. wirtschaftsrelevante Sprache, schafft Klarheit.

Internationale HR-Kennzahlen werden nicht strukturiert erhoben, dies ist die Aussage von ca. 25 % aller Befragten. Ganz wichtige Unternehmens-Kennzahlen fliessen im Personalbereich zusammen. Daraus ergibt sich: wo finden wir unsere Talente und wie lange brauchen wir für Recruiting bzw. Entwicklung. Das geht weiter über Mitarbeiterzufriedenheiten, Kündigungsgründe, Fehlzeiten, Veränderungswünsche, Benchmarks mit anderen HR-Bereichen. Diese Schätze sind für den Wettbewerbsvorteil am internationalen Markt lebensnotwendig, bleiben jedoch oft ungenutzt. Meist werden die Energien auf Nebenschauplätzen verbrannt, statt ein gemeinsames Lagerfeuer zu veranstalten, das auch der Mitbewerber sehen kann.

So wird der HR als Business-Partner im In- und Ausland wahrgenommen

Die Öffentlichkeitsarbeit des Personalbereiches sieht traurig aus. Nur ca. 60 % «Aller Anderen« geben die Note «kompetent»  bis «sehr kompetent», während das Selbstbild des Fachbereiches hier von 100 % ausgeht. In den Länderorganisationen liegt die Zufriedenheit nur noch bei 50 %. Unser Vorschlag an Vertreter aus dem Personalbereich: Was ist mit einer guten Portion «Vertriebs-Gehabe» nach dem Motto «Tue Gutes und rede darüber»? Jeder Vertriebler weiss: «Klappern gehört zum Handwerk». Eine klare Definition der eigenen Aufgaben und Zuständigkeiten, der umgesetzten Massnahmen, sei es im Intranet, bei Mitarbeiterversammlungen, am Info-Board oder im täglichen Gespräch geben allen Stakeholdern eine klare Ergebnisorientierung und ein gutes Gefühl in der Zusammenarbeit.

Die wertvollste Erkenntnis! Es gibt noch viel zu tun! Denn es gilt: Geld zu verdienen oder zu verlieren!

Alle brauchen einen gemeinsamen Orientierungspunkt, ein klares Verständnis der Unternehmensstrategie und der sich daraus ergebenen Kompetenzen und Aufgaben. Eine Koexistenz auf Augenhöhe bedeutet, jeder Bereich bleibt in seinen Kompetenzen.

In diesem Fall übernimmt der Personalbereich  die Verantwortung für die «Übersetzung» der Aufgaben, der Vermittlung, der Kommunikation, d.h. aller Soft Skills und setzt in jedem Moment seine Coaching-Kompetenzen ein.  Als kompetenter  Personaler versteht er sich als echter Dienstleister (keine Stabsstelle), als Fachberater, der nicht isoliert ist sondern als Teil des Ganzen auf Augenhöhe mitgestaltet (nicht verwaltet). Als Vorbild für alle Führungskräfte und Mitarbeiter wird vom Personalbereich vorgelebt, was es bedeutet,  Soft Skills anzuwenden und dieses nicht nur bei der Beauftragung von  Trainings, Coachings…

Das Top-Management hingegen schafft  ein starkes Management-Team, zu dem auch der Personalbereich gehört. Hier werden  hochrelevante Ziele erarbeitet,  die Richtung vorgegeben, die unterschiedlichen Verantwortlichen befähigt und unterstützt. Man schafft eine gemeinsame strategische Weitsicht: für welchen Zweck arbeiten wir hier zusammen! Was ist unser grosses gemeinsames Ziel, das über den einzelnen Bereich hinausgeht. Meist entsteht daraus sozusagen als «Abfallprodukt» Erfolg, Anerkennung und dass jeder an seinem richtigen Platz mit den eigenen Kompetenzen arbeitet.

Die einzige Konstante ist der stetige Wandel

Auf unsere Frage «Sie haben 3 Wünsche frei» so werden für die Strategie folgende Themen genannt:  Talent-Management, Kompetenz Modelle, Job-Pools, globales und merkbares Employerbranding, Shared Service Center, globales Denken und dezentrales Handeln…

Wir wissen aus anderen Unternehmensbereichen: Strategien, die heute Wettbewerbsvorteile darstellen, werden morgen zu Unternehmensprozessen, diese werden danach  herruntergebrochen in Tools und Instrumente. Wichtig ist es für das Management-Team, bei der Entwicklung der Strategien für die Fachbereiche immer auch auf die Marktführerschaft zu achten und die entsprechenden Strukturen zu schaffen.

Die Schnelllebigkeit an den Märkten fordert zirkuläre Strukturen, Innovation, ein Wechselspiel zwischen Außen und Innen und Innen und Aussen. Gerade im globalen Business darf weder das Headquarter noch andere Unternehmensbereiche in alten Strukturen stecken bleiben.

Als Experte für Soft Skills, mit Kernkompetenzen als Coach und Kommunikationsexperte ist der Personalbereich für die Gestaltung und Begleitung von Veränderungsprozessen prädestiniert. Durch diese Fähigkeiten können Ängste, Widerstände in der Organisation  rechtzeitig erkannt und aufgefangen werden. Diese Schlüsselkompetenzen gilt es jedoch immer wieder aufzufüllen und die eigene Fortbildung einzufordern.

Weitblick vorhanden – hoffentlich …

Wendet sich die Aufmerksamkeit zu sehr auf das isolierte Arbeiten in den einzelnen Bereichen, geht der Weitblick, die Strategie, der Blick für das Grosse und Ganze verloren. Alle ins Boot zu holen bedeutet auch, sich mit den Unterschiedlichkeiten im eigenen Management-Team auseinander zu setzen. Dies ist ein wertvoller erster Schritt für die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Kunden, Geschäftspartnern, Kollegen und Mitarbeitern in den Auslandsmärkten. Sponsorship in der Zusammenarbeit und Führung schafft eine gute Ausgangslage für die nötige Flexibilität und den Umgang mit Unsicherheiten, die sich  im internationalen Business zeigen.

Auch hier gilt: Wer nicht weiss wohin er kommt und wohin er segeln will, für den ist kein Hafen der richtige (Sokrates).

Studie/Umfrage hier downloaden
 

Fakten zur Umfrage / Studie

Zufallsstichprobe :          N = 500

Teilnehmer:                      69 Führungskräfte mit internationalem Background

Branchenquerschnitt:     Fertigungsindustrie,
                                          IT& Telekommunikation
                                          Handel
                                          Finanzdienstleistung
                                          Dienstleistung
                                          Konsumgüter-Industrie
                                          Immobilien und Bauwesen
                                          Logistik & Transport

Funktionen:                     22,9 % Leiter Personal, HR Verantwortliche
                                          34,3 % CEOs, Geschäftsführer, Vorstände (Alle anderen)
                                          14,3 % Auslandsmanager (Alle anderen)
                                          28,6 % internationale Projektleiter (Alle anderen)

Methode:                          Online-Fragebogen

Länder:                             DACH-Gebiet, Spanien, Italien, China, Holland, Mexiko und Russland

Unternehmensgrösse:    Mittelstand und Konzerne

Auslands-Filialen:            von 1 – 5 bis zu mehr als 100 (Konzernstrukturen)

 

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Barbara Wietasch ist Gründerin und Geschäftsleiterin von Wietasch & Partner – Experts for International Dynamics in Wien. Das im Jahr 2002 gegründete Unternehmen ist spezialisiert auf Management & Leadership Programme, Talent Management einschl. Assessment Center Kommunikation, Verhandlungen, Rhetorik, Train-the-Trainer Ausbildungen, IRC Intercultural Readiness Check DISG und Persönlichkeitstypologien.
 

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