HR Today Nr. 9/2022: Arbeit und Recht - Arbeitsmittel im Homeoffice

Wer trägt die Kosten im Homeoffice?

Wer Arbeitsgeräte und Materialien zur Verfügung zu stellen hat, ist eine Frage. Wer die Kosten dafür zu zahlen hat, eine andere. Relevanz hat die Kostenregelung längst nicht nur für remote Work.

Mit der plötzlichen Verlegung des Arbeitsorts in die privaten Räumlichkeiten während der Pandemie entbrannte bald die Diskussion, welche Kosten der Arbeitgebende bezahlen muss. Vorübergehend wurde in den Covid-19-Verordnungen definiert, dass er keine Kostenpflicht hat. Inzwischen müssen diese Fragestellungen wieder anhand der OR-­Regelung beantwortet werden, und zwar generell, nicht etwa nur auf Homeoffice bezogen.

Arbeitsmaterial ist – mit Ausnahmen – Sache des Arbeitgebenden

Im Grundsatz, so die gesetzliche Regelung gemäss Art. 327 I OR, obliegt es den Arbeitgebenden, die Mitarbeitenden mit den für die Arbeitsausführung notwendigen ­Geräten und ­Materialien auszustatten. Dazu gehören etwa Berufskleider, insbesondere Uniformen oder Schutzkleider. Die Beschaffung, die Bezahlung und die Reinigung dieser Kleider ist Sache des ­Arbeitgebenden. Sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren, hat der Arbeitgebende auch die Kosten für die Beschaffung, den Unterhalt und die Reparatur der Arbeitsgeräte zu übernehmen.

Die Beschaffung und Zurverfügungstellung kann ausnahmsweise aber auch Sache des Mitarbeitenden sein, wenn es berufsspezifisch so Usanz ist oder es so vereinbart wurde. Bei Köchen ist es beispielsweise üblich, dass diese ihre eigene Messergarnitur zur Arbeitsstelle mitbringen.

Wegbedingung erforderlich

Dass der Mitarbeitende Geräte und Material von sich aus zur Verfügung stellt, ist zulässig, wenn der Arbeitgebende damit einverstanden ist. Dieses Einverständnis muss nicht zwingend ausdrücklich beziehungsweise schriftlich vorliegen. Meist wird aber genau dieser Sachverhalt in einem Reglement oder in Richtlinien definiert, weshalb eine Zustimmung des ­Mitarbeitenden in der Regel sogar ausdrücklich vorliegt.

Entscheidend ist aber vor allem der zweite Satzteil von Art. 327 II OR. Wenn der Arbeitgebende damit einverstanden ist, dass der Mitarbeitende seine privaten Geräte für die Arbeitsausübung einsetzt, muss er dafür eine Entschädigung bezahlen, sofern nichts anderes vereinbart wurde oder üblich ist. Will der Arbeitgebende also nicht in eine Entschädigungspflicht fallen, muss zwingend eine ausdrückliche Wegbedingung dieser an sich geltenden gesetzlichen Entschädigungspflicht erfolgen. Es ist also von Gesetzes wegen zulässig, dass der Arbeitgebende für die Nutzung privater Geräte wie Handy, Laptop oder Drucker dem Mitarbeitenden jegliche Entschädigung wegbedingt. Das im Unterschied zum Auslagenersatz nach Art. 327a OR.

Kostenübernahme bei hybriden Arbeitsformen

Der etwas in Vergessenheit geratene Art. 327a OR erlebt mit den hybriden Arbeitsformen neue Aufmerksamkeit. Unter ­diesem Aspekt sind die Fragen der Kostenübernahme im Homeoffice zu prüfen. Zwei Punkte sind hier zentral. Zum einen müssen die Auslagen, die der Mitarbeitende geltend macht, für die Arbeitsausübung notwendig sein. Zum anderen, und das im Unterschied zur Kostenübernahme für Geräte und Material nach Art. 327 OR, kann die Kostentragungspflicht des Arbeitgebenden für Auslagen nicht anders geregelt werden.

So hält das Gesetz in Abs. 3 zu Art. 327a OR ausdrücklich fest, dass Abreden, wonach der Arbeitnehmende die Kosten für ­notwendige Auslagen ganz oder teilweise zu übernehmen habe, nichtig sind. Hinsichtlich der Auslagen ist also nicht entscheidend, was man regelt – der Arbeitgebende muss diese ­bezahlen. Entscheidend ist einzig, ob es sich um notwendige Auslagen handelt. Gradmesser für das Kriterium der Notwendigkeit ist aber nicht die Einschätzung des Mitarbeitenden, sondern, ob die Auslage im Interesse des Arbeitgebenden liegt.

Auslagenersatz im Homeoffice

Oft hört man die Aussage, Auslagen im Homeoffice müssten dann nicht übernommen werden, wenn der Mitarbeitende freiwillig im Homeoffice arbeitet. Das ist eine verkürzte Argumentation. Entscheidend ist, ob dem Mitarbeitenden für die Verrichtung seiner Arbeit ein vom Arbeitgebenden zugewiesener Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Wenn dem so ist, der Mitarbeitende aber einen Teil seiner Arbeit gleichwohl im Homeoffice ausführt, sind die damit in Verbindung stehenden Kosten nicht notwendig. Der Mitarbeitende könnte seine Arbeit ja auch am Arbeitsplatz des Arbeitgebenden ausführen und hätte dadurch gar keine Kosten. Wenn aber der Arbeitgebende den Mitarbeitenden anweist, Arbeiten im Homeoffice auszuführen, sind die dadurch entstehenden Kosten zu erstatten.

Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Firmenräumlichkeiten durch ein Unfallereignis nicht zugänglich sind und der Arbeitgebende die Mitarbeitenden bittet, von zu Hause aus zu arbeiten. Zwar besteht bei solchem kurzzeitigen Homeoffice eine ­Auslagenersatzpflicht des Arbeitgebenden. Die Höhe zu bestimmen ist aber fast nicht möglich, da Mehrkosten wie Strom kaum ausgewiesen werden können. Übrigens trägt der Mitarbeitende die Beweislast für die Notwendigkeit dieser Auslage und deren Höhe. Stellt sich der Arbeitgebende auf den Standpunkt, die Auslagen seien bereits mit dem Lohn abgegolten, müsste er darlegen können, dass der Lohn um diesen Anteil höher ist.

Das ständige Teilzeit-Homeoffice wird solange keine Kostenpflicht für Energie und Telefonkosten des Arbeitgebenden nach sich ziehen, als dem Mitarbeitenden ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Eine Beteiligung an den Wohnkosten des ­Mitarbeitenden ist nur dann zu prüfen, wenn ihm vom Arbeitgebenden gar kein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird. Bei Desk-Sharing-Modellen sollte eine anteilsmässige Kosten­beteiligung vereinbart werden, wenn ein voll eingerichteter Arbeitsplatz nicht jederzeit zugänglich ist.

Fazit: Grundsätzlich zahlt der Arbeitgebende

Zusammengefasst lässt sich vereinfacht betrachtet sagen, dass sowohl für Geräte und Materialien als auch für Auslagen grundsätzlich der Arbeitgebende die Kosten übernehmen muss. Das, sofern diese im direkten Zusammenhang mit der Arbeitsleistung entstanden und notwendig sind. Hinsichtlich Geräte und Material können Arbeitgebende und Mitarbeitende etwas anderes vereinbaren. Hinsichtlich Auslagenersatz darf man allerdings nicht vertraglich abweichen – der Arbeitgebende muss diese bezahlen, wenn die Voraussetzungen für den Auslagenersatz erfüllt sind.

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Brigitte Kraus ist ­Inhaberin der Agentur konzis. Sie ist Juristin und Unternehmenskommunikatorin und begleitet Unternehmen in Ver­änderungssituationen, ­insbesondere bei Betriebsübernahme, Neuausrichtung, Personal­massnahmen sowie bei der Gesprächsführung und Verhandlung mit Gewerkschaften und Arbeitnehmer­vertretungen.

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