Bern (sda). In 60 Prozent der Verwaltungsräte börsenkotierter Unternehmen sitze keine einzige Frau, sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga am Freitag vor den Medien in Bern. «Ganz offensichtlich führt hier die Selbstregulierung nicht zum Ziel.» Die Zahlen seien ernüchternd, auch im Vergleich zu jenen in anderen Ländern. Der Bundesrat wolle deshalb den Druck erhöhen.
Die Unternehmen sollen sich innerhalb von fünf Jahren an die Geschlechter-Vorgabe anpassen. Erfüllt ein Unternehmen die Vorgaben nicht, hat dies allerdings keine einschneidenden Folgen: Das Unternehmen muss sich lediglich erklären. Es muss im jährlichen Vergütungsbericht die Gründe sowie die bereits umgesetzten und die geplanten Massnahmen nennen, nach dem so genannten Comply-or-Explain Ansatz.
Andere Länder gehen hier weiter. In Deutschland hat sich die grosse Koalition auf eine «Sanktion des leeren Stuhls» geeinigt: Erreicht ein Unternehmen die 30-Prozent-Quote nicht, bleiben die Stühle im Aufsichtsrat unbesetzt. Sommaruga zeigte sich indes überzeugt, dass auch eine Vorgabe ohne solche Sanktion Wirkung zeigt. Von der bundesrätlichen Vorgabe wären rund 250 Unternehmen betroffen.
Abzocker-Initiative umsetzen
Mit der Revision des Aktienrechts will der Bundesrat auch die Abzocker-Initiative auf Gesetzesstufe umsetzen. Derzeit ist das angenommene Volksbegehren auf Verordnungsstufe umgesetzt – mit einigen «Grauzonen», wie Sommaruga sagte. Im Gesetz will der Bundesrat diese nun eliminieren. Unter anderem geht es um das Konkurrenzverbot.
Der Bundesrat will nicht verbieten, dass dafür Entschädigungen fliessen. Er will aber verhindern, dass das Verbot von goldenen Fallschirmen auf diesem Weg umgangen wird. Sommaruga verwies auf ein bekanntes «unrühmliches Beispiel», ohne den Namen von Daniel Vasella zu nennen, der wegen einer geplanten Entschädigung von 72 Millionen Franken in die Schlagzeilen geraten war. Im Gesetz soll nun verankert werden, dass Entschädigungen für Konkurrenzverbote marktüblich und wirtschaftlich gerechtfertigt sein müssen.
Antrittsprämien nicht gänzlich verboten
Eine Regelung ist auch für Antrittsprämien vorgesehen, welche gemäss Initiativtext unzulässig sind. Diese sollen nicht gänzlich verboten werden: Geht es nach dem Willen des Bundesrates, sind Antrittsprämien dann erlaubt, wenn sie finanzielle Einbussen kompensieren, die der Betroffene wegen des Stellenwechsels tatsächlich erlitten hat – beispielsweise durch den Verlust eines Aktienpakets.
Präzisiert hat der Bundesrat ausserdem, dass die Aktionärsversammlung erst über variable Lohnbestandteile und Boni entscheidet, wenn die definitiven Zahlen des Geschäftsjahres vorliegen.
Prozesskostenrisiko senken
Ferner will der Bundesrat im Zuge der Revision die Rechte der Minderheitsaktionäre stärken, wie Sommaruga erläuterte. Er will eine Form der Sammelklage zulassen, allerdings nicht nach US-Modell. Solche Klagen sollen nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich sein. Das Ziel ist es, das Prozesskostenrisiko zu senken.
Schliesslich enthält die Gesetzesrevision Teile einer früheren, die das Parlament wegen der Abzocker-Initiative an den Bundesrat zurückgewiesen hatte. Dazu zählen die Liberalisierung der Gründungs- und Kapitalbestimmungen, die Verbesserung der Corporate Governance auch bei nicht börsenkotierten Gesellschaften und die Nutzung elektronischer Mittel bei der Generalversammlung. Ausserdem sollen Unstimmigkeiten des neuen Rechnungslegungsrecht behoben werden.
Die Vernehmlassung dauert bis zum 15. März 2015.