Zürich (sda). Auch nach überstandener Finanzkrise, dem damit verbundenen beschleunigten Strukturwandel und einem angeschlagenen Renommee gehört der Finanzplatz Zürich nach wie vor zu den fünf bedeutendsten Finanzplätzen der Welt. Dies geht aus der am Dienstag präsentierten Studie «Finanzplatz Zürich 2014/15» des Wirtschaftsforschungsinstitut BAK Basel hervor.
So würden weiterhin über ein Viertel der globalen grenzüberschreitenden Vermögen im Raum Zürich verwaltet. Insgesamt sei die Schweiz weiterhin das weltweit grösste Zentrum für die Verwaltung grenzüberschreitender Vermögen.
Auch ist der Finanzsektor die wichtigste Branche der Zürcher Wirtschaft. Der Zürcher Volkswirtschaftsdirektor Ernst Stocker (SVP) und Zürichs Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) sind sich der Bedeutung der Branche bewusst und sicherten dieser ihre Unterstützung zu. Laut Stocker ist der Finanzplatz «gut unterwegs».
Die Branche selbst sieht die Attraktivität des Finanzplatzes Zürich und der Schweiz zukünftig gefährdet. Ausschlaggebend seien zum einen die bankenspezifische Regulierung und zum anderen eine Verschlechterung der allgemeinen Rahmenbedingungen, heisst es in der Studie.
Weniger Misstrauen, mehr Preiswahrheit
Auch nehmen die Banken «ein grosses Misstrauen in der breiten Bevölkerung wahr». Laut Thomas Ulrich, Präsident des Zürcher Bankenverbandes, der ebenfalls an der Studie mitgewirkt hat, haben die Banker in der Tat «viel Vertrauen verspielt». Dieses zurückzugewinnen sei ein Marathonlauf und nicht ein 100-Meter-Rennen, sagte er vor den Medien.
Laut Ulrich müssen die Banken «ihre Geschäftsmodelle grundlegend hinterfragen, die Unternehmenskultur verändern sowie schneller agieren und nicht nur reagieren». Nur so – und in enger Zusammenarbeit mit der Politik – könne der Strukturwandel vollzogen werden und die Branche im Standortwettbewerb bestehen.
Als neues Geschäftsmodell nannte Ulrich beispielsweise, «dass Beratungen etwas kosten werden». Martin Eichler, Chefökonom von BAK Basel, sprach in diesem Zusammenhang von «mehr Preiswahrheit».
Nachfrage nach Finanzdienstleistungen dürfte steigen
Die Studie geht davon aus, dass die Konjunktur ab 2015 leicht anzieht und somit die Nachfrage nach Finanzdienstleistungen steigen dürfte. Bis 2016 wird mit «leicht überdurchschnittlichen» Wachstumsraten im Vergleich mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung gerechnet.
Der Druck auf die Preise und damit auf die Margen bleibe allerdings weiterhin hoch, heisst es weiter. Insbesondere trieben neue Regulierungen und Investitionen in den technologischen Wandel die Kosten in die Höhe.
In der Studie analysierte das Wirtschaftsforschungsinstitut BAK Basel im Auftrag des Amtes für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich und der Stadtentwicklung von Zürich die Bedeutung und die Perspektiven des Finanzplatzes Zürich im regionalen, nationalen und internationalen Umfeld. Untersucht wurden Banken, Versicherungen und übrige Finanzdienstleister in den Kantonen Zürich, Schwyz und Zug.
Rückgrat der Zürcher Wirtschaft
Im Jahr 2013 erwirtschaftete der Finanzsektor eine Bruttowertschöpfung von rund 28 Milliarden Franken. Dies entspricht rund einem Fünftel der regionalen Wirtschaftsleistung. Jeder zehnte Arbeitsplatz im Kanton Zürich ist in der Finanzbranche angesiedelt.
Die Aufteilung des Finanzsektors zeigt, dass die Banken 2013 mit einem Wertschöpfungsanteil von 45 Prozent die grösste Teilbranche des Finanzplatzes Zürich waren. An zweiter Stelle standen die Versicherungen (43 Prozent). Hinzu kommen «sonstige Finanzdienstleister», unter anderem Vermögensverwalter, Hedge-Fonds, Geldbroker und Versicherungsmakler.
Geografisch wurde der Finanzplatz von den Banken und Versicherungen im Kanton Zürich dominiert. Lediglich bei den sonstigen Finanzdienstleistungen fielen die Kantone Zug und Schwyz mit Anteilen von zehn respektive acht Prozent ins Gewicht.