Gewerkschaft warnt vor Nonstop-Verfügbarkeit von Angestellten

Home Office, neue Kommunikationsmittel, vermehrte Vernetzung: Die digitale Revolution eröffnet Unternehmen und Angestellten neue Möglichkeiten – birgt aber auch Risiken. Die Gewerkschaft syndicom warnt davor, dass sich die Trennlinie zwischen Arbeitszeit und Freizeit zunehmend auflöst.

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Bern (sda). «Ständige Verfügbarkeit wird vielerorts vorausgesetzt», sagte Giorgio Pardini, Leiter Telekom und IT bei der syndicom, am Donnerstag vor den Medien in Bern. Dies habe auch Folgen für die Gesundheit: «Arbeiten rund um die Uhr belastet stark und macht Angestellte krank.»

Die Gewerkschaft stützt sich auf eine repräsentative Umfrage unter den Angestellten der Telekombranche in der Schweiz. Rund 3500 Beschäftigte der Unternehmen Swisscom, Orange, Sunrise und upc cablecom nahmen zwischen Frühling und Herbst 2014 daran teil.

Die Ergebnisse sind laut der Medien- und Kommunikationsgewerkschaft alarmierend: «Viele Angestellten in der Branche leiden unter Stress, Zeitdruck und Personalknappheit», sagte Pardini. Das Phänomen sei nicht neu, trotzdem seien die Risiken des rasanten technologischen Wandels bis heute nicht begrenzt worden.

Klarere Regeln gefordert

«Die Angestellten arbeiten oft mehr, legen statt einer 40-Stunden-Woche eine 45- Stunden-Woche hin», sagte Pardini. Eine Folge davon sei, dass die Zahl der Burnout-Fälle weiter zunehme. Dies dürfe nicht sein. «Wir müssen die Entgrenzung der Arbeit eindämmen.»

Gleichzeitig bestreitet der Arbeitnehmervertreter nicht, dass die neuen Möglichkeiten des flexiblen Arbeitens auch Chancen mit sich brächten. «Viele Leute wollen von zu Hause aus arbeiten, das ist partout auch nichts Schlechtes», sagte Pardini. Doch betonte er, dass es klarere Regeln brauche.

Die Gewerkschaft empfiehlt verschiedene Massnahmen: mehr Personal, um das Arbeitsvolumen abdecken zu können; mehr Mitbestimmungsrechte für Angestellte; mehr Erholungszeit oder eine Verkürzung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit. Ergänzend dazu schlägt syndicom technische Barrieren für geschäftliche E-Mails ausserhalb der Arbeitszeit vor.

Die Umsetzung der Empfehlungen sei realistisch, sagte Pardini. «Die Unternehmen haben an der Studie mitgearbeitet, auch sie haben ein Interesse an gesunden, produktiven Angestellten.» Mit den Ergebnissen der Studie gehe man nun in den sozialen Dialog.

Chancen übertreffen Risiken

Die Swisscom, deren Mitarbeitende ebenfalls an der Umfrage teilgenommen hatten, teilte in einer Stellungnahme mit, dass sie «bereits in einem engen Austausch mit den Sozialpartnern» stehe. Trotzdem zeigten die Erfahrungen und Rückmeldungen, dass die Chancen der modernen Arbeitsformen die Risiken überwögen.

Die Arbeitszufriedenheit ihrer Angestellten sei in den vergangenen zwei Jahren gestiegen, schrieb die Swisscom. Home Office, Teilzeitarbeit, Jobsharing, Sabbaticals oder der Ferienkauf ermögliche es den Mitarbeitenden, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen.

Gleichzeitig seien die modernen Arbeitsformen eine grosse Herausforderung. Das Unternehmen setze auf die Eigenverantwortung der Angestellten. «Wir erwarten keinesfalls, dass sie in ihrer Freizeit arbeiten oder rund um die Uhr erreichbar sind.»