Unia kritisiert die Anstellungsbedingungen im Pflegebereich

In der Pflege und Betreuung führe der Spardruck und das Renditedenken zu Fliessbandarbeit, kritisiert die Gewerkschaft Unia. Sie fordert in einer am Mittwoch lancierten Kampagne, dass die Politik mehr Personal bewilligt und diesem auch bessere Anstellungsbedingungen gewährt.

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Bern (sda). Denn der Druck im Bereich der Pflege und Betreuung sei enorm, sagte Udo Michel von der Gewerkschaft Unia am Mittwoch vor den Medien in Bern. Das Kostenkorsett sei eng, die Arbeitsbedingungen seien prekär. Das zeige auch die hohe Berufsausstiegsquote.

«Satt, sauber, warm»

Diesen Eindruck bestätigten Angestellte verschiedener Heime und Institutionen. Durch die Ökonomisierung sei die Pflege ins tiefe Mittelalter zurückgeworfen worden, sagte etwa Pflegefachfrau Monika Beck, die im Kanton Aargau tätig ist. Von individueller Betreuung und Pflege, wie sie dies in der Ausbildung gelernt habe, könne kaum mehr die Rede sein. Dies erinnere sie an das längst überholt geglaubte Ziel, dass die zu Betreuenden nur «satt, sauber, warm» gehalten werden müssten.

Von «satt, sauber, warm» sprach auch der langjährige Pflegefachmann Uwe Ruländer. Es gebe weniger Personal, aber zusätzliche Aufgaben. Da bleibe die individuelle Betreuung auf der Strecke. «Wo soll ich die Zeit für ein Gespräch hernehmen?» Michèle Wirth, Pflegehelferin aus dem Bernischen, sagte, dass als Folge des Kostendrucks die Betreuten «zu einer Art Fliessbandware» verkommen. «Das entspricht aber nicht unserer Berufsethik.» Sie forderte ein Umdenken. «Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen, nicht der Profit.»

Mehr Zeit, mehr Personal, mehr Geld

Die Gewerkschaft Unia will deshalb diese Ökonomisierung stoppen. Derzeit werde nur honoriert, was gemessen und abgerechnet werden könne, sagte Udo Michel, der Unia-Branchenleiter Pflege und Betreuung. Ein Gespräch, das etwa einem Altersheimbewohner guttue, falle nicht darunter.

Adrian Durtschi, bei der Unia Branchenleiter für Seniorenbetreuung und Hauswirtschaft, folgerte daraus, dass «es einfach mehr Zeit in der Betreuung und Pflege braucht». Und dies bedeute auch: «Mehr Personal und mehr Geld.» Zudem sei es auch notwendig, die Anstellungsbedingungen zu verbessern. Unter anderem Arbeit auf Abruf oder auf den Vormittag und Abend aufgeteilte Dienste würde die Arbeitsbelastung unnötig erhöhen.

Eine Diskussion anstossen

In den aktuellen Spardebatten, die weite Teile der Politik beherrschen, werden diese Forderungen nicht auf breite Zustimmung stossen. Das ist auch der Unia bewusst. «Wir wollen eine öffentliche Diskussion lancieren», sagte Durtschi. Aus diesem Grund hat die Gewerkschaft gemeinsam mit betroffenen Angestellten ihr «Manifest für gute Pflege und Betreuung» aktualisiert und vorgestellt. Zudem hat sie eine entsprechende Petition lanciert. Die Unterschriftensammlung soll bis Oktober dauern. An verschiedenen Anlässen will die Unia das Thema aufgreifen.

Das Ziel der Diskussion ist für die Unia klar. Wie es im Manifest heisst, «dürfen gute Pflege und Betreuung etwas kosten». Diese Kosten zu tragen, sei Aufgabe der Öffentlichkeit. «Es braucht ein gerechtes Finanzierungssystem.»